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Soli aktuell 9-10/2023

BAföG nicht verfassungskonform

DGB und Gewerkschaften fordern, dass die Studierendenförderung inflationsfest und in angemessener Höhe konzipiert wird.

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Das Studium muss korrekt finanziert werden. Die DGB-Jugend hängt sich beim BAföG voll rein.

BAföG verbessern
DGB, GEW und weitere Organisationen haben die Bundesregierung dringend angemahnt, eine grundlegende BAföG-Reform noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. "Nur durch ein verbessertes BAföG wird auch mehr jungen Menschen aus einkommensschwachen Familien der Weg an die Hochschule geebnet", sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Im kürzlich veröffentlichten BAföG-Strukturreformkonzept "BAföG schnell bedarfsgerecht ausgestalten und strukturell reformieren" konstatiert der DGB, die Studienförderung sei in ihrer jetzigen Form alles andere als existenzsichernd. Sie müsse inflationsfest und angemessen neu konzipiert werden.

Rechtsgutachten
Auf Grundlage einer im Juni veröffentlichten Stellungnahme des Hamburger Rechtsanwalts Joachim Schaller muss zudem davon ausgegangen werden, dass das BAföG derzeit nicht verfassungskonform ist.

Schaller, der die Klage einer Studentin gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht geführt und so die Überprüfung des BAföG durch das Bundesverfassungsgericht initiiert hat, hat ausgerechnet: Der BAföG-Bedarfssatz beträgt für Studierende 452 Euro zuzüglich einer Wohnpauschale von 360 Euro, wenn sie nicht bei den Eltern wohnen. Diese insgesamt 812 Euro sind 118 Euro weniger als der Unterhaltsbedarfssatz nach der Düsseldorfer Tabelle, der 930 Euro beträgt, und 97 Euro weniger als das steuerliche Existenzminimum von 909 Euro. Schaller: "Die BAföG-Bedarfssätze verstoßen gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums und verletzen darüber hinaus die Grundrechte der Berufswahlfreiheit und das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes."

Bedarf im Vergleich
Der Regelbedarf in der Grundsicherung (Bürgergeld) für Alleinstehende beträgt 502 Euro. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bedarf von Studierenden niedriger liege, sagt Schaller: "Im Gegenteil: Sie müssen aus dem BAföG-Bedarfssatz nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern auch ihre Ausbildungskosten finanzieren."

Susanne Braun, bei der DGB-Jugend für Studierendenarbeit zuständig, sagt: "Eine Regierung die an Bildung und Jugend spart, tut der Gesellschaft wirklich keinen Gefallen. In Zeiten eines hohen Fachkräftebedarfs und gesellschaftlicher Polarisierung muss gerade hier investiert werden. Das BAföG ist ein Puzzleteil von vielen für ein funktionierendes und gerechtes Bildungssystem."

Noch in dieser Wahlperiode müsse die Ampelkoalition ihr Versprechen einer Strukturreform der Ausbildungsförderung einlösen, unterstreicht GEW-Hochschulexperte Andreas Keller: "Dazu gehören die Anpassung der Förderdauer an die tatsächlichen Studienzeiten, die herkunftsunabhängige Ausgestaltung des BAföG, die Streichung aller Altersgrenzen, die Wiedereinführung der Regelförderung von Schüler*innen ab der Sekundarstufe I und perspektivisch die Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung zu einem elternunabhängigen staatlichen Studienhonorar."


Hier gibt es das BAföG-Strukturreformkonzept zum DGB: www.dgb.de/-/Ua4

(Aus der Soli aktuell 9-10/2023, Autorin: Soli aktuell)