Urlaub und Freistellung
Freie Zeit dient der Erholung – und manchmal geht man nicht arbeiten und wird trotzdem bezahlt. Was dabei zu beachten ist.
Werk- und Arbeitstag
Der gesetzliche Mindesturlaub ist nach Alter gestaffelt. In deinem Ausbildungsvertrag findest du die Anzahl der Urlaubstage. Er kann in Werk- oder Arbeitstagen eingetragen sein. Ist dein Urlaub in Werktagen (Montag bis Samstag) angegeben, musst du für eine Woche Urlaub sechs Tage freinehmen – auch wenn du nur fünf Tage die Woche arbeitest.
Ist dein Urlaub in Arbeitstagen (Montag bis Freitag) angegeben, gilt für dich, dass du fünf Tage für eine Woche frei nehmen musst. Konkret:
- 15 Jahre: 30 Werktage/25 Arbeitstage,
- 16 Jahre 27 Werktage/23 Arbeitstage,
- 17 Jahre 25 Werktage/21 Arbeitstage,
- ab 18 Jahren sind es 24 Werktage/20 Arbeitstage.
Ausschlaggebend für die Urlaubsberechnung ist immer dein Alter zu Beginn des Kalenderjahres.
Achtung: Solltest du deine Ausbildung in Teilzeit machen, wird dein Urlaub anteilig berechnet, je nachdem, wie viele Arbeitstage du inklusive der Berufsschule hast.
Tipp: Gilt ein Tarifvertrag für dich, kann es gut sein, dass hier mehr Urlaubstage für dich ausgehandelt wurden. Frage am besten bei deiner zuständigen Gewerkschaft nach, ob ein gültiger Tarifvertrag vorliegt.
Wann starten?
Dein Urlaub ist dir im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und du musst ihn auch nehmen. Er sollte dir zusammenhängend und in der berufsschulfreien Zeit gewährt werden, du hast ein Recht darauf, zwei Wochen in der berufsschulfreien Zeit freizunehmen.
Tipp: Dein Urlaub darf nur aufgeteilt werden, wenn dringende betriebliche Gründe dafürsprechen oder du es wünschst (§ 7 Bundesurlaubsgesetz, BUrlG).
Betrieb verweigert Urlaub
Anfrage an "Dr. Azubi", Micho, 2. Ausbildungsjahr: "Habe kurzfristig Tickets für einen 1-wöchigen Urlaub in der ersten Woche der Herbstferien geschenkt bekommen. Es sind aber nur noch 7 Tage bis zu den Ferien und der Chef sagt, das ginge nicht, weil zu viel zu tun wäre im Betrieb."
"Dr. Azubi" antwortet: So wie bei Micho wird häufig der Urlaub nicht gewährt, weil gerade "viel los" und wie immer wenig Personal da ist. Beides sind jedoch keine legitimen Gründe, den Urlaub zu verweigern. Du bist ja noch in der Ausbildung, da sollte der Betriebsablauf nicht von deiner Anwesenheit abhängig sein. Urlaub verweigern geht nur bei wichtigen sozialen (z.B. Vorrang von Mitarbeiter*innen mit Kindern) oder betrieblichen Gründen (z.B. feststehende Betriebsschließungen).
Wie vorgehen?
Damit es hier nicht zu Missverständnissen kommt, ist es wichtig, dass du immer einen schriftlichen Urlaubsantrag stellst, und zwar frühzeitig. Die Kopie des Urlaubsantrages und die schriftliche Bestätigung, dass der Antrag im Betrieb eingegangen ist, sind ein wertvoller Nachweis.
Wenn der Urlaubsantrag eingereicht wurde und innerhalb von einem Monat keine Rückmeldung durch den Arbeitgeber erfolgt, gilt dein Urlaub als genehmigt.
Achtung: Sollte es keinen schriftlichen Nachweis zum Urlaub geben, kommt es häufig zu Problemen im Hinblick auf den Zeitpunkt des Urlaubs.
Vorsicht: Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt durch den Auszubildenden kann ein Kündigungsgrund sein (§ 15 Berufsbildungsgesetz)! Da es teuer – und frustrierend – sein kann, einen gebuchten Urlaub zu stornieren, ist es gut, im Vorfeld Abhilfe zu schaffen. Wende dich bei Problemen mit deinem Urlaubsanspruch an deine Gewerkschaft und setze deinen Anspruch mit legitimen Mitteln durch.
Hinweis: Ein einmal genehmigter Urlaub kann vom Betrieb auch nicht mehr kurzfristig gestrichen werden – und es ist auch nicht erlaubt, jemanden aus dem Urlaub zurückzurufen. Verzichtet Micho allerdings freiwillig auf seinen Urlaub, hat er die hiermit verbundenen Kosten selber zu tragen (z. B. die Stornierungskosten der gebuchten Reise).
Freistellungsmöglichkeiten
Anfrage an "Dr. Azubi", Sana, 1. Ausbildungsjahr: "Ich wollte mich erkundigen, wie es aussieht, wenn man seine praktische Fahrprüfung an einem Arbeitstag hat. Muss ich an diesem Tag Urlaub nehmen?
"Dr. Azubi" antwortet: Über deinen vertraglich festgelegten Urlaubsanspruch hinaus kannst du unter Umständen für besondere Fälle wie etwa bei einem betrieblich veranlassten Umzug, bei besonderen familiären Ereignissen (die eigene Hochzeit, die Geburt des eigenen Kindes, Todesfälle naher Angehöriger) oder bei der Erkrankung von nahen Angehörigen Sonderurlaub nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch beantragen. Die Freistellung kann auch in einem Tarifvertrag oder einer einzelvertraglichen Regelung konkretisiert werden. Für die Fahrprüfung muss Sana aber leider einen Urlaubstag opfern.
Streichung des Urlaubs
Anfrage an "Dr. Azubi", Johanna, 3. Ausbildungsjahr: Hallo, darf mein Betrieb mir als Erziehungsmaßnahme einen Tag Urlaub streichen, wenn ich am 5. des Folgemonats mein Berichtsheft nicht abgegeben habe?"
"Dr. Azubi" antwortet: Nach dem Grundsatz, dass Urlaub der Erholung dienen sollte, darf der Betrieb Johannas Urlaub nicht streichen. Allerdings kann sich Johanna auf eine Abmahnung gefasst machen, wenn sie ihr Berichtsheft zu spät abgibt.
Urlaubsverfall
Anfrage an "Dr. Azubi", Marianna, 3. Ausbildungsjahr: "Ich war im letzten Jahr von April bis Mitte Oktober krankgeschrieben, daher konnte ich meine Urlaubstage nicht verbrauchen. Nun beende ich meine Ausbildung Ende März und habe noch 16 Urlaubstage übrig. Ich habe schon versucht, einige Urlaubstage zu verplanen. Aber wenn ich alle nehmen würde, hätte ich kaum praktische Arbeit vor der Abschlussprüfung. Das würde meine Chancen zu bestehen deutlich verringern. Die Chefin meint, entweder ich nehme den Urlaub oder er verfällt. Ich habe aber gelesen, bei längerer Krankheit gibt es da Ausnahmeregelungen…"
"Dr. Azubi" antwortet: Urlaub soll der Erholung dienen – dies geht natürlich nur, wenn man ihn genießen kann. Die "Abgeltung" des Urlaubs in Form von Geld ist grundsätzlich nicht möglich. Die einzige Ausnahme: bei vorzeitiger Beendigung des Ausbildungsverhältnisses im laufenden Jahr durch etwa eine Kündigung oder die bestandene Abschlussprüfung.
Wenn es Mariana dann nicht mehr möglich ist, ihren Urlaub anzutreten, muss der Arbeitgeber ihn ausbezahlen (§ 7 BUrlG). Die Höhe der Zahlung wird anhand der Ausbildungsvergütung bemessen. Und so ist es in Mariannas Fall auch gekommen.
(Aus der Soli aktuell 4/2023, Autorin: Julia Kanzog)