Ausbildungsreport 2023
Der Ausbildungsreport gibt jungen Menschen eine Stimme und beleuchtet die Schwachstellen im dualen Ausbildungssystem. Schwerpunkt in diesem Jahr: Digitalisierung.
Der diesjährige Ausbildungsreport der DGB-Jugend zeigt erneut die Schwächen im dualen Ausbildungssystem in Deutschland auf.
Überstunden und so
Fast jeder dritte Auszubildende macht Überstunden, viele müssen Aufgaben erledigen, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben, und immer weniger Auszubildende würden die Ausbildung im eigenen Ausbildungsbetrieb weiterempfehlen. Das sind nur drei der Mängel, die der neue Ausbildungsreport der DGB-Jugend offenlegt.
Im Rahmen ihrer Berufsschultour hat die DGB-Jugend bundesweit 9.855 Auszubildende aus den 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen im dualen System befragt. Die Studie wurde auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Institut für sozialpädagogische Forschung (ism) in Mainz erstellt.
Qualität der Berufsschulen
Bei den Betrieben und Berufsschulen liegt einiges im Argen, wie die Ergebnisse des Reports zeigen: Nur noch etwas mehr als die Hälfte der befragten Auszubildenden (53,7 Prozent) bewertet die fachliche Qualität der Berufsschule als "(sehr) gut". Das ist ein historischer Tiefstwert in der Geschichte der Erhebung. Ohne das starke Engagement der Berufsschullehrer*innen würde es hier noch schlechter aussehen.
Schwerpunkt: Moderne Ausbildung
Das Schwerpunktthema in diesem Jahr: Moderne Ausbildung. Um die müsste es deutlich besser stehen: Vier von zehn Auszubildenden (39,8 Prozent) geben an, von ihrem Ausbildungsbetrieb nur "selten" oder sogar "nie" die benötigten technischen Geräte für eine digitale Ausstattung zu erhalten. Ebenfalls vier von zehn Auszubildenden (39 Prozent) bewerten die digitale Ausstattung an den Berufsschulen nur mit "ausreichend" oder sogar "mangelhaft". Vor diesen Hintergrund überrascht es nicht, dass sich mehr als jede*r dritte Auszubildende durch die Berufsschule nur "ausreichend" oder "mangelhaft" auf den Umgang mit digitalen Medien vorbereitet sieht.
DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker bewertet die Ergebnisse kritisch: "Wollen wir die Fachkräfte von morgen gewinnen, müssen wir sie bereits heute zeitgemäß und mit modernsten Lernmethoden ausbilden – sonst wird das nichts mit dem Wandel unserer Arbeitswelt." Digitalisierung und Transformation der Arbeitswelt werde so schwerlich gelingen. Der im Koalitionsvertrag angekündigte Pakt für berufliche Schulen dürfe deshalb nicht der aktuellen Sparpolitik zum Opfer fallen. Er müsse von massiven Investitionen in Ausbildungskonzepte, Gebäude, digitale wie technische Ausstattung und Lehrkräfte begleitet werden. Becker fordert "eine klare verpflichtende Regelung im Berufsbildungsgesetz, damit alle Lernmittel von den Betrieben und nicht durch die Auszubildenden gestellt werden". Das Lehr-, Ausbildungs- und Prüfungspersonal müsse zudem regelmäßige Fort- und Weiterbildungen erhalten.
"Die Berufsschulen brauchen ein Systemupdate", sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Zudem könnten die Ausbilder*innen noch intensiver qualifiziert werden, wovon die jungen Menschen profitieren würden.
Wir haben viel erreicht
Für die DGB-Jugend heißt das: nicht nachlassen! Angesichts des vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes zur Ausbildungsgarantie bleibt festzuhalten, dass die jungen Gewerkschafter*innen in diesem Jahr viel erreicht haben. Neben dem Einstieg in die Ausbildungsgarantie hat die Bundesregierung ein großes Förderprogramm exklusiv für Junges Wohnen für Azubi- und Studierendenwohnheime aufgelegt.
Weitere Infos und Material: https://jugend.dgb.de/ausbildungsreport
Ausbildungsfremde Tätigkeiten
Der Klassiker bei der Umfrage: Insgesamt 12,7 Prozent der befragten Auszubildenden müssen "immer" oder "häufig" ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen, die nicht Bestandteil der Ausbildung sind und nicht dem Lernerfolg dienen – ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte. Dabei sind solche Tätigkeiten nach § 14 Berufsbildungsgesetz verboten!
Betrieblicher Ausbildungsplan
Mehr als ein Drittel der Auszubildenden (33,6 Prozent) hat keinen betrieblichen Ausbildungsplan, obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist. Somit wissen diese Auszubildenden nicht, wie ihre Ausbildung ablaufen soll und was die Lerninhalte sind.
Berufsschule und Ausbildungsbetrieb
Mehr als jede*r dritte Auszubildende (36,7 Prozent) gibt an, dass die Abstimmung zwischen Schule und Ausbildungsbetrieb beim Thema Moderne Ausbildung nur "ausreichend" oder sogar "mangelhaft" ist.
Digitalisierung
Nicht nur, dass sich mehr als jede*r dritte Auszubildende (35,9 Prozent) durch die Berufsschule nur "ausreichend" oder sogar "mangelhaft" auf den Umgang mit digitalen Medien vorbereitet sieht. Fast jede*r Vierte (24,1 Prozent) gibt außerdem an, im Ausbildungsbetrieb nur "ausreichend" oder sogar "mangelhaft" auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbereitet zu werden.
Perspektive
Mehr als vier von zehn Auszubildenden (42,3 Prozent) wissen selbst im letzten Ausbildungsjahr noch immer nicht, ob sie von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen werden. Von den Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr, die bereits wussten, dass sie nicht übernommen werden, fehlte 39,5 Prozent eine konkrete berufliche Perspektive.
(Aus der Soli aktuell 11/2023, Autorin: Soli aktuell)