Qualitätsreport Duales Studium
Die DGB-Jugend befragt dual Studierende.
Aus dem Qualitätsreport: Zentrale Ergebnisse der Studie der Uni Duisburg im Auftrag der DGB-Jugend.
Kosten
Bei 80 Prozent der Befragten liegen Betrieb und Hochschule nicht am selben Ort, weshalb knapp 25 Prozent über zwei Wohnorte verfügen. Durch Pendeln, doppelte Haushaltsführung und zum Teil Studiengebühren entstehen erhebliche Mehrkosten. Zwei Drittel (66,2 Prozent) der Befragten erhalten dafür keine Zuschüsse von Arbeitgeberseite.
Vergütung
Mehr als jede*r Dritte (33,7 Prozent) hat Probleme, den Lebensunterhalt von der Vergütung zu bestreiten. Denn hohe Kosten treffen auf zum Teil geringe Vergütung. Fast jede*r fünfte Befragte (18,7 Prozent) erhält weniger als 935 Euro im Monat. In kleinen und mittelständischen Unternehmen ist es sogar mehr als jede*r Dritte (38,1 Prozent).
Bindungs- und Rückzahlungspflicht
66,9 Prozent der dual Studierenden haben sich vertraglich verpflichtet, nach ihrem Studium im Betrieb zu bleiben.
Studiengebühren
An privaten Hochschulen müssen 84,3 Prozent der Befragten Studiengebühren zahlen. Für fast die Hälfte der Befragten (48,7 Prozent) sind das über 1.000 Euro monatlich, für fast jede*n Vierte*n (24,7 Prozent) liegt der Betrag zumindest über 500 Euro. Dabei muss mehr als jede*r dritte Studierende (39,8 Prozent) diese Kosten komplett allein tragen.
Fachliche Anleitung
Bei etwa einem Drittel der Befragten (32,7 Prozent) steht im Betrieb die Vermittlung von Wissen "(überhaupt) nicht" im Vordergrund. 41,8 Prozent fühlen sich nicht (sehr) gut durch Ausbildungspersonal betreut. Mehr als jeder*jedem Fünften (21,1 Prozent) fehlt eine Rückmeldung zu Leistungen und Lernerfolgen.
Verzahnung Lerninhalte
75 Prozent der dual Studierenden geben an, dass Theorie und Praxis nicht (sehr) gut miteinander verzahnt sind. 71,1 Prozent sagen, dass sie keine Abstimmung zwischen Hochschule und Betrieb wahrnehmen.
Betrieblicher Ausbildungsplan
Jede*r Dritte (32,9 Prozent) der befragten dual Studierenden gibt an, dass für sie*ihn kein Ausbildungsplan gilt – und mehr als jede*r Zehnte (10,3 Prozent) wusste nicht, ob einer gilt. Dort wo ein Ausbildungsplan vorliegt, wird dieser auch bei 86 Prozent der Befragten eingehalten.
Lernmittel
Fast jede*r Vierte (24,3 Prozent) bescheinigt dem ausbildenden Unternehmen, dass die Ausstattung mit notwendigen Lern- und Ausbildungsmitteln defizitär ist. Fast jede*r Zweite (46,4 Prozent) muss für Ausbildungsmittel finanziell selbst aufkommen.
Anerkennung betrieblicher Leistungen
Bei 43,9 Prozent der dual Studierenden werden ihre betrieblichen Praxiszeiten nicht als Studienleistung anerkannt. Der veranschlagte Workload für das Erreichen eines Studienabschluss lässt so – je nach Vereinbarung zwischen Hochschule und Betrieb – zwischen 25 und 50 Prozent des Lern- und Arbeitsaufwands der Studierenden völlig unberücksichtigt.
Perspektive
41,8 Prozent der dual Studierenden haben keine Übernahmevereinbarung. 25 Prozent derjenigen, die in den Betrieb übernommen werden, sind befristet.
Maren*, 21, studiert soziale Arbeit dual. Weder einfacher Job noch einfaches Studium – aber auf jeden Fall sinnvoll.
Maren, wie ist es, dual zu studieren?
Das duale Studium verbindet Praxiserfahrung mit einer fortlaufenden theoretischen Ausbildung. Dieser Mix ist für mich optimal, da es in der sozialen Arbeit sehr wichtig ist, im Kontakt mit der Praxis zu bleiben.
Wie sieht es mit dem Geld aus?
Ein negativer Punkt ist, dass mein Praxisbetrieb weder Fahrtkosten noch Semesterticket übernimmt – das bestreitet man aus eigener Tasche. Manche Arbeitgeber zahlen eine angemessene Aufwandsentschädigung, andere ziehen hiervon zunächst die Studiengebühren ab oder steuern gar nichts bei.
Hast du noch mehr Ärgerliches?
Es gibt bisher keine klare Einordnung der dualen Studierenden als Mitarbeiter*innen im Betrieb. Während einige Kommiliton*innen bis heute eher kleine Aufgaben wie Wäsche waschen und Putzen übernehmen, wurden andere von Anfang an als volle Fachkraft mit eigenverantwortlichen (Nacht-)Diensten eingesetzt, allerdings ohne die entsprechenden Zuschläge. Die konkrete Einsatzweise hat auch nichts mit einer Ausbildung, die vorher stattgefunden hätte, oder Ähnlichem zu tun.
Beim dualen Studium ist wenig geregelt. Was wäre das Wichtigste?
Dass die Praxisbetriebe besser über das duale Studium informiert werden und es einheitliche Regeln zur Vergütung und zu Arbeitszeiten gibt. Manche Studierenden haben einen Ausbildungsvertrag, manche nur einen fürs Praktikum. Das müsste einheitlich sein. Viele meiner Kommiliton*innen bekommen überhaupt keine Aufwandsentschädigung. Für jemanden, der 3 1/2 Jahre regelmäßig in einem Betrieb arbeitet und die gleichen Aufgaben wie eine Fachkraft übernimmt, ist das nicht fair.
Kannst du es dennoch empfehlen, dual zu studieren?
Auf jeden Fall. Das Studienmodell ist sehr sinnvoll, um gleichzeitig wertvolle Praxiserfahrung wie auch theoretisches Wissen mitzunehmen. Was momentan leider fehlt, ist ein gesetzlicher Rahmen, der das Ganze reglementiert und Ausbeutung verhindert.
* Name von der Redaktion geändert.
(Aus der Soli aktuell 11/2023, Autorin: Soli aktuell)