BBiG-Serie Teil 4/5: Die Freistellung für die Prüfung
BBiG for you: In unserer Reihe zum novellierten Berufsbildungsgesetz zeigen wir, was die Neuerungen für Auszubildende bedeuten. Teil IV: Die Freistellung zur Prüfungsvorbereitung. Von Daniel Gimpel
Nur etwa ein Viertel (27 Prozent) der Auszubildenden bekommt freie Tage zur Vorbereitung auf seine Prüfung. Das haben uns Auszubildende im Ausbildungsreport 2018 der DGB-Jugend berichtet. Eine möglichst stress- und störungsfreie Vorbereitung auf die Prüfungen ist unter solchen Bedingungen nur schwer möglich. Gerade für Auszubildende, die überwiegend im Schichtsystem ausgebildet werden, wie etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe, bedeutet der Einsatz bis zum letzten Tag vor der Prüfung eine erhebliche Belastung.
Für eine zukunftsfähige Ausbildung hat der theoretische Teil der Prüfung einen wichtigen Stellenwert. Die Regelungen zur Freistellung vor den Zwischen- bzw. Abschlussprüfungen sind je nach Branche aber sehr unterschiedlich ausgestaltet. Für minderjährige Auszubildende gab es laut Jugendarbeitsschutzgesetz immerhin einen Tag frei vor der Prüfung. Insgesamt war die Situation jedoch mehr als unbefriedigend.
Deshalb haben wir als Gewerkschaftsjugend im Rahmen der Novelle des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine einheitliche bezahlte Freistellung des letzten Arbeitstags vor allen Zwischen- bzw. Abschlussprüfungen für alle Auszubildenden gefordert. Und für die Abschlussprüfung haben wir dies geschafft: Seit Beginn 2020 gilt ein neues BBiG, unsere Forderung steht nun im Gesetz.
Das ist neu geregelt
Seit dem 1. Januar 2020 gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf einen bezahlten freien Tag vor der Abschlussprüfung, der allen Auszubildenden in § 15 BBiG gewährt wird. Dass die Auszubildenden für den Tag der Freistellung weiter ihre Vergütung erhalten, ist in § 19 BBiG abgesichert.
Die Freistellung zur Prüfungsvorbereitung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BBiG gilt an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht. "Arbeitstag" ist jeder Tag der Woche, an dem im Betrieb oder in der Dienststelle gearbeitet wird. In der Praxis bedeutet das: Ist ein Montag als Prüfungstag angesetzt, das Wochenende arbeitsfrei und der Freitag Ausbildung im Betrieb, geht der Freitag als Arbeitstag dem Prüfungstag nicht "unmittelbar" voran, weil das Wochenende dazwischenliegt. Es besteht keine gesetzliche Freistellungspflicht. Wird allerdings üblicherweise am Sonntag gearbeitet, wie im Hotel- und Gaststättengewerbe, so ist der Sonntag der Arbeitstag, der der Prüfung "unmittelbar vorangeht" und damit freizugeben.
Die Freistellungspflicht gilt allerdings nur bei der schriftlichen Abschlussprüfung und damit nicht zur Vorbereitung auf andere Prüfungen, wie z. B. Zwischenprüfung, mündliche oder praktische Abschlussprüfung. Hier bleiben wir als Gewerkschaftsjugend dran.
Gibt es zwei zeitlich auseinanderfallende Teile der Abschlussprüfung (Gestreckte Abschlussprüfung, GAP), dann bezieht sich die Freistellung vor der schriftlichen Abschlussprüfung auf die beiden schriftlichen Teile der GAP.
Hinweis I: Die Freistellungspflicht besteht auch im Falle der Wiederholung der Abschlussprüfung.
Hinweis II: In Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen können natürlich jederzeit andere, gern bessere Regelungen zur Freistellung vereinbart werden.
Daniel Gimpel ist politischer Referent und Ausbildungsexperte der DGB-Jugend.
(aus der Soli aktuell 11/2020, Autor: Daniel Gimpel)
Die BBiG-Novelle
Das novellierte BBiG, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, ist maßgeblich ein Erfolg der Gewerkschaftsjugend. Das neue Gesetz stärkt die berufliche Bildung und Ausbildung in Deutschland.
Das Ziel der Gewerkschaftsjugend war es, mit der BBiG-Novelle die Ausbildungsbedingungen für Auszubildende und dual Studierende tatsächlich zu verbessern. Durch unseren Einsatz über Jahre konnten wir erreichen, dass unsere Themen gesellschaftlich debattiert wurden. Unsere vielen unterschiedlichen Aktionen und Veranstaltungen haben dazu beigetragen, dass wir wichtige Verbesserungen ins Gesetz bekommen haben und sich auf den letzten Metern noch mal richtig viel bewegt hat.
Besucht unser BBiG-Portal auf jugend.dgb.de/bbig
Literaturtipp
Das Berufsbildungsgesetz setzt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung. Es ist auf Ausbildungsverhältnisse, die berufliche Fortbildung, Umschulung und auf die Berufsausbildungsvorbereitung anzuwenden.
Der Basiskommentar von Thomas Lakies erläutert das neue Berufsbildungsgesetz praxisnah und auch für Nichtjurist_innen verständlich. Die Inhalte gelten für alle Bereiche der Wirtschaft, einschließlich der Handwerksberufe. Der Autor, Richter am Arbeitsgericht Berlin und Autor zahlreicher Fachbücher zum Arbeitsrecht – u. a. schrieb er die Basiskommentare zum Jugendarbeitsschutzgesetz und zum Mindestlohngesetz –, stellt die Bezüge zum allgemeinen Arbeitsrecht, zum Tarifvertrags- und zum Betriebsverfassungsrecht dar.
Die neue Ausgabe berücksichtigt alle gesetzlichen Änderungen und die aktuelle Rechtsprechung bis Januar 2020.
Literatur: Thomas Lakies: Basiskommentar zum BBiG, Bund-Verlag, Frankfurt/M. 2020, 5. Aufl., 453 S., 39,90 Euro