Deutscher Gewerkschaftsbund

Werkstudentin + Freiberufler

Hallo zusammen,

ich gebe seit Jahren freiberuflich abends Nachhilfe und arbeite seit Oktober 2021 auch als Werkstudentin (Max 20 Std/Wo). Ich habe gelesen, dass die 20Std Regelungen sich auf alle Tätigkeiten zusammengerechnet bezieht. Außerdem steht es überall im Internet, dass man diese Grenze 26 Wo überschreiten kann, wenn die Arbeit am Abend, WE oder in den Semesterferien stattfindet.
Bei meinen vorherigen Arbeitgeber war das nie ein Thema, ich habe fast immer die 20 Std gearbeitet und gleichzeitig 0-5 Std/Wo Nachhilfe gegeben (stark variabel) und habe bisher keine Sozialabgaben bezahlt. Bei meinen jetzigen Arbeitgeber (seit September 2022) habe ich einen Bogen ausgefüllt aber nur die Feste/Werkstudi Stellen angegeben die ich schon gehabt habe, da die nicht nach freiberuflicher Arbeit gefragt haben. Jetzt mache ich mir Sorgen, dass das zum Problem wird und dass sowohl ich als auch Arbeitgeber was zum Sozialversicherung nachzahlen müssen. 
Gelten alle diese Regeln auch für freiberufliche Tätigkeiten? Und falls ich was nachzahlen muss, wäre das nur für die Wochen über die 26-Wo-Grenze oder für das ganze Beschäftigungsjahr?

Vielen Dank und viele Grüße 

Mina: 01.11.2022 |
  • RE: Werkstudentin + Freiberufler

    Hallo,

    vielen Dank für deine Anfrage.

    Ich merke, dass noch etwas Verwirrung hinsichtlich der 20h-Regel und dem damit zusammenhängenden Werk-Studistatus besteht. Zunächst erstmal grundsätzlich:

    20h-Regel

    Bei der sogenannten 20h-Regel handelt es sich um eine Orientierungsgrenze innerhalb der Sozialversicherung (SV): Arbeitest du als Vollzeit immatrikulierte*r Student*in nicht mehr als 20h/Woche, wirst du in der SV als Werkstudent*in angemeldet. Das bedeutet, dass von deinem Gehalt Beiträge in die Rentenversicherung (RV) eingezogen werden, du dich jedoch selbst krankenversichern musst (meist über die gesetzliche studentische Krankenversicherung).

    Relevant ist also vor allem, ob du regelmäßig mehr oder weniger als 20h/Woche arbeitest, um deinen Status in der SV zu bestimmen. Wie du bereits richtig angemerkt hast, gibt es hiervon auch Ausnahmen. Leider werden die den Ausnahmen zugrundeliegenden Regelungen oft missverstanden und falsch kommuniziert.

    Was ist also mit der „26-Wochen“ Grenze gemeint?

    Fällt die über der 20h/Woche liegende Arbeitszeit in maximal 26 Wochen im Jahr durch befristete (!) Beschäftigungen/Arbeitszeiterhöhungen auf abends, nachts oder das Wochenende, bleibt der Werkstudent*innenstatus weiterhin erhalten. Weitere Ausnahmen bestehen insbesondere in der vorlesungsfreien Zeit, wobei die Wochen mit einer Arbeitszeit von über 20h in den Semesterferien auch in die 26 Wochen mit hineinzählen.
    Somit greift diese Ausnahme bei dir nur, wenn es sich bei der Nachhilfetätigkeit um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt.

    Wie ist das nun in der Kombination mit freiberuflichen Tätigkeiten?

    Wie du bereits richtig erkannt hast, wirkt sich die selbstständige Tätigkeit auch auf die 20h-Regel aus: hier werden alle Tätigkeiten zusammengerechnet, also sowohl die Arbeitszeiten aus abhängiger Beschäftigung als auch aus selbstständigen Tätigkeiten. Beachte also bitte, dass du deine Arbeitgeber*innen immer über alle deine Tätigkeiten informieren musst, damit sie dich richtig anmelden können. Schließlich entscheidet dein*e Arbeitgeber*in, ob sich deine wöchentliche Arbeitszeit insgesamt innerhalb der 20h-regel bewegt oder ob sie drüber liegt – entscheidend sind hier also auch deine richtigen Angaben zum Umfang deiner selbstständigen Tätigkeit. Solltest du bewusst Informationen zurückhalten, musst du im Zweifel zu wenig gezahlte SV-Beiträge alleine zurückzahlen.

    Suche am besten bald das Gespräch mit deine*r aktuellen Arbeitgeber*in und wende dich auch gerne direkt an deine Krankenkasse.

    Anbei noch ein paar Hinweise zum Thema Selbstständigkeit im Studium:

    Wenn du selbstständig tätig bist, bist du quasi dein eigener Chef und dementsprechend auch selbst für deine korrekte Anmeldung beim Finanzamt  und der Sozialversicherung zuständig.

    Wenn du gegen Honorar einer unterrichtenden Tätigkeit wie Nachhilfe nachgehst, handelt es sich um eine freiberufliche Tätigkeit. Dann musst du nicht zusätzlich noch ein Gewerbe anmelden.
    Jedoch sind unterrichtende freiberufliche Tätigkeiten grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Beiträge werden aber nur fällig, wenn du mehr als 520€/Monat (im monatlichen Durchschnitt) verdienst. Du musst dich also ggf. bei der Deutschen Rentenversicherung anmelden.

    Beim Finanzamt meldest du dich mit dem Formular "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung" an. Nach deiner Anmeldung erhältst du eine Steuernummer (das ist etwas anderes als deine Steuer-ID!), die dann zukünftig zwingend auf deine Rechnungen drauf muss.
    Du kannst also erst eine rechtsgültige Rechnung schreiben, wenn du angemeldet bist.

    Auch deiner Krankenkasse musst du die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit melden. Solange du dort als nebenberuflich selbstständig eingestuft wirst, kannst du dich während des Studiums weiterhin studentisch krankenversichern.

    Je nachdem, für welchen Träger du Nachhilfe gibst, kann es zudem sein, dass die sogenannte Übungsleiter*innenpauschale greift. Falls das zutrifft kannst du bis zu 3000€/Jahr zusätzlich zum Steuerfreibetrag steuerfrei dazuverdienen. Einkommen, das unter die Übungsleiter*innenpauschale fällt, wird zudem bei der Rentenversicherungspflicht nicht miteingerechnet.

    Ausführlicheres zum Thema Selbstständigkeit findest du hier sowie in unserer Broschüre Selbstständigkeit und Studium.
    ich hoffe, die Infos helfen dir erstmal weiter.

    Beste Grüße
    Cecilia
    DGB-Jugend Studierendenberatung

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    dgb-jugend: 08.12.2022


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