Deutscher Gewerkschaftsbund

Große Differenzen bei den Anwärterbezügen im öffentlichen Dienst

Der DGB-Anwärterbezügereport erfasst die unterschiedlichen Vergütungen in der Ausbildung von angehenden Beamt*innen. Lisa Kranz erläutert die Forderungen des DGB.

© Simone M. Neumann

Lisa Kranz leitet das Referat Besoldung, Beamtenversorgung und Beihilferecht beim DGB.

Große Unterschiede bei den Bezügen von Anwärter*innen
Am 22.April 2023 kam es zur Tarifeinigung für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Da sich an eine Tarifrunde in der Regel eine Besoldungsrunde für die Beamt*innen anschließt, hat der DGB diesen Zeitpunkt für die Veröffentlichung seines Besoldungsreports genutzt. Er liefert ausführliche Zahlen zur differenzierten Besoldungslandschaft in Deutschland.

Die aktuelle Ausgabe enthält auch den DGB-Anwärterbezügereport. Darin zeigen wir, dass Anwärter*innen trotz identischem Vorbereitungsdienst und derselben Besoldungszuordnung je nach Dienstherr unterschiedlich hohe Bezüge bekommen. Differenzen von über 2.000 Euro sind möglich.

Was sind Anwärterbezüge?
Die Ausbildungsvergütung für angehende Beamt*innen ("Anwärter*innen") nennt man Anwärterbezüge. Dazu gehören der Anwärtergrundbetrag, ggf. ein Anwärtererhöhungsbetrag und im Falle eines Bewerbermangels Anwärtersonderzuschläge. Daneben werden der Familienzuschlag und vermögenswirksame Leistungen gewährt. Zudem können je nach Ausbildung Stellen- und/oder Erschwerniszulagen hinzukommen. In einigen Bundesländern erhalten Anwärter*innen außerdem eine Sonderzahlung.

Die Anwärtergrundbeträge werden in den Tabellen der Besoldungsgesetze ausgewiesen. Eine Anwärterin bzw. ein Anwärter wird der Besoldungsgruppe des Eingangsamtes zugeordnet, in das sie bzw. er nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes unmittelbar eintritt. Teilweise werden die Besoldungsgruppen für die Anwärtergrundbeträge gebündelt. Überwiegend erfolgt die Einteilung in A 4, A 5 bzw. A 6 bis A 8, A 9 bis A 11, A 12, A 13 und A 13+Z oder R 1. Der Bund benennt die Einteilung entsprechend den Laufbahnen einfacher Dienst, mittlerer Dienst, gehobener Dienst und höherer Dienst.

Der DGB-Anwärterbezügereport
2020 hat der DGB erstmals einen Anwärterbezügereport veröffentlicht. Schon vor drei Jahren wurde klar, dass die Anwärter*innen trotz identischem Vorbereitungsdienst und derselben Besoldungszuordnung je nach Dienstherr unterschiedlich viel Gehalt bekommen.

Der Anwärterbezügereport 2023 zeigt die aktuelle Situation mittels fünf Diagrammen auf. Berechnet wurde jeweils das Jahresbruttoeinkommen 2023 aus Anwärtergrundbeträgen und gegebenenfalls Sonderzahlungen der 17 Dienstherren, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Besoldungsgruppen ab A 5.

© DGB

Sie gehen weit auseinander: die Anwärterbezüge. DGB und Gewerkschaften fordern die Vereinheitlichung.

Ein Beispiel: Anwärter*innen des Bundes, die nach Abschluss ihres Vorbereitungsdienstes voraussichtlich in ein Eingangsamt in der Besoldungsgruppe A 9, A 10 oder A 11 eintreten (z.B. zukünftige Polizeikommissar*innen), erhalten im deutschlandweiten Vergleich mit 18.690 Euro jährlich die höchsten Anwärterbezüge, sofern es sich um einen Einstieg in den gehobenen Dienst handelt. Das Saarland liegt in dieser Gruppe fast 2.800 Euro darunter und ist das einzige Bundesland, das weniger als 16.000 Euro jährlich zahlt.

Es stellt sich die Frage, ob die Anwärtergrundbeträge in Zeiten, in denen der öffentliche Dienst händeringend Nachwuchs sucht, attraktiv genug sind. Der Bund ging 2020 mit einem positiven Beispiel voran. Er strukturierte die Anwärtergrundbeträge neu und hob sie teilweise deutlich an. Die Länder folgten ihm bislang jedoch nicht.

Unterschiede setzen sich bei der Besoldung fort
Die Unterschiede bei den Bezügen setzen sich nach der Ausbildung bei einer anschließenden Verbeamtung auf Lebenszeit fort. In der Regel ist dann die Eingangsstufe der Besoldungsgruppe relevant, der das Eingangsamt zugeordnet ist.

Deshalb ist ein Blick auf die Jahresbruttobesoldung interessant. Das Schlusslicht in der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe A 9 ist mit 35.447 Euro – wie bei den Anwärterbezügen – das Saarland, allerdings fast gleichauf mit Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Bayern belegt mit 38.410 Euro Rang 1. Die Lücke zwischen der niedrigsten und der höchsten Besoldung beträgt 2.963 Euro bzw. 7,7 Prozent.

Das fordert der DGB
Ursache für das Auseinanderdriften der Beträge ist die Föderalismusreform I aus dem Jahr 2006. Seitdem liegt die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht beim Bund für die Bundesbeamt*innen und bei den Ländern für die jeweiligen Beamt*innen von Land und Kommune. Wir machen mit dem Besoldungs- und Anwärterbezügereport klar, zu welchen Unterschieden dies geführt hat. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften EVG, GdP, GEW, IG BAU, IG BCE und ver.di kritisieren diese Entwicklung. Wir fordern daher: "Gleiche Besoldung für gleiche Tätigkeit" und einheitliche Anwärtergrundbeträge.


(Aus der Soli aktuell 6/2023, Autorin: Lisa Kranz)

Die Anwärter*innen
Eine Ausbildung im öffentlichen Dienst kann unter anderem als Anwärter*in absolviert werden. Anwärter*innen sind Beamt*innen auf Widerruf, die sich in der Ausbildung für eine Laufbahn – im sogenannten Vorbereitungsdienst – befinden. Mit erfolgreicher Laufbahnprüfung erlangen sie die entsprechende Laufbahnbefähigung, um letztlich Beamter bzw. Beamtin auf Lebenszeit werden zu können.

Hier gibt es den Report als Download: https://www.dgb.de/-/TgD