Ein Novum: Der DGB-Bundesjugendausschuss tagt bei der Histadrut in Israel. Von Philipp Siewert.
© DGB (Ruhr-Mark)
Philipp Siewert ist politischer Referent der DGB-Jugend.
Im Jahr des 75-jährigen Bestehens des Staates Israel und nach über 60 Jahren regelmäßiger Jugendbegegnung hat der Bundesjugendausschuss (BJA) des DGB erstmals in Israel getagt. Die erste Sitzung des Gremiums im Ausland überhaupt im März 2023 sollte Ausdruck der besonderen Freundschaft zwischen der deutschen Gewerkschaftsjugend und dem israelischen Gewerkschaftsdachverband Histadrut sein.
Die Schirmherrschaft der Reise hatte die Präsidentin des Bundestages, Bärbel Bas (SPD), übernommen. Mit ihrer Reise festige die DGB-Jugend das Band der organisierten Beschäftigten, schrieb sie in ihrem Geleitwort: "Kaum etwas stärkt die Beziehungen zwischen zwei Ländern so sehr wie der Jugendaustausch."
Nach Monaten intensiver Vorbereitung auf beiden Seiten war es dann so weit: Während in Israel noch die Auseinandersetzung über die Justizreform der rechten Regierung lief, zeigte die DGB-Jugend vor Ort Unterstützung für die demokratischen Errungenschaften der Gewerkschaftsbewegung in Israel. Die Histadrut als Vorläuferin des Staates musste ihre Errungenschaften später in diesem Frühjahr noch durch einen Generalstreik verteidigen. Die Sitzung des BJA vor Ort zeigte die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden Verbänden, die in dieser Form einmalig ist.
"Gegen jeden Antisemitismus – dass Ausschwitz nie wieder sei!": Das ist für die Gewerkschaftsjugend Teil der täglichen Arbeit. Ein Besuch in der nationalen Gedenkstätte Yad Vashem mit Führung folgte am Tag nach der Sitzung. Bei einer gemeinsamen Gedenkzeremonie mit der Histadrut konnten die BJA-Mitglieder an den Gedenkorten ihrer Heimatgemeinden Blumen ablegen.
© DGB-Jugend
Debby Neuenfeld (ver.di Jugend) und Peter Sylka (IG Metall Jugend) übergeben die Solidaritätserklärung der DGB-Jugend an Gary Kaplan (M.) von der Histadrut.
In Israel übernimmt die gewerkschaftliche Jugendarbeit die HaNoar HaOved VeHaLomed ("Noal"). Als Teil der Histadrut und unabhängiger Jugendverband betreibt die Noal viele Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. In Israel besuchte der BJA eine Berufsschule der Noal und eine Jugendfreizeiteinrichtung. Eine duale Berufsausbildung wie in Deutschland ist in Israel kaum bekannt. Die Schule der Noal im Tel Aviver Ortsteil Yafo ist daher die einzige Möglichkeit für viele Jugendliche der Region, einen zertifizierten Berufsabschluss zu erlangen. Hier übernimmt die Gewerkschaftsjugend Verantwortung in Bereichen, in denen sich der Staat nach Jahren rechter Regierungen zurückgezogen hat.
Die DGB-Jugend traf auch den deutschen Botschafter in Israel, Steffen Seibert, und diskutierte mit ihm über deutsch-israelische Jugendbegegnungen. Dabei hob er hervor, welche Rolle die Gewerkschaften für den Aufbau der Beziehungen zwischen den beiden Ländern überhaupt gespielt haben. So waren es nach Shoah und Krieg die Gewerkschaften, die erste Kontakte knüpften und damit den staatlichen Bemühungen um Beziehungen zuvorkamen. Über 60 Jahre regelmäßiger Jugendbegegnungen zwischen den Gewerkschaften, alleine 13 schon in diesem Jahr, zeugen davon, dass aus diesen ersten Kontakten eine feste Freundschaft wurde.
Die DGB-Jugend ist dankbar für diese Freundschaft, die angesichts der Vergangenheit nicht selbstverständlich ist. "Nie wieder!" ist unsere Verpflichtung zur täglichen Arbeit gegen jeden Antisemitismus.
(Aus der Soli aktuell 5/2023, Autor: Philipp Siewert)