Junge Menschen, die eine Migrationsgeschichte aufweisen und die Hauptschule besucht haben, sind häufig mit Vorurteilen konfrontiert, konstatiert die Hans-Böckler-Stiftung in einer neuen Studie.
Jugendliche mit Migrationsgeschichte und Hauptschulabschluss werden bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz benachteiligt. Sie sind häufig mit Zweifeln an ihrer Eignung konfrontiert – mit dramatischen Folgen: Ihr gesamter weiterer Lebensweg kann dadurch erschwert werden, dass sie nicht die gleichen Chancen erhalten wie andere. Die Fähigkeiten der Betroffenen sind aber häufig besser als ihre Zuschreibung, zum Beispiel bezogen auf Sprachkenntnisse. Das zeigt eine Studie der Forscherinnen Sophie Krug von Nidda von der Universität Paderborn und Janina Söhn von der Universität Göttingen, die die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat.
Die Autorinnen haben untersucht, wie Entscheidungen zur Besetzung von Ausbildungsplätzen zustande kommen. In Interviews mit Personalverantwortlichen wurde deutlich, dass die Herkunft im Auswahlverfahren eine Rolle spielt. Zwar hätten diese betont, dass alle Bewerber*innen gleichbehandelt würden. An verschiedenen Stellen werde jedoch deutlich, dass die Ethnizität sehr wohl von Bedeutung sei. Deutlich unterschieden werde zudem zwischen Jugendlichen mit Migrationsgeschichte, die ihre gesamte Schulzeit in Deutschland verbracht haben, und denen, die erst vor kurzer Zeit ins Land gekommen sind.
Interessanterweise zeigte sich bei Betrieben, denen sprachliche Kompetenzen wichtiger seien, ein anderes Bild. Bei diesen Firmen haben Jugendliche mit Migrationsgeschichte gegen über Gleichaltrigen aus einheimischen Familien keine Nachteile.
Für Menschen, die eine Hauptschule besucht haben, ist die duale Ausbildung nahezu die einzige Möglichkeit, einen Berufsabschluss und damit die Basis für eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt zu erlangen. Gerade Betriebe, die noch keine Erfahrungen mit Auszubildenden mit Migrationsgeschichte hätten, sollten die Ergebnisse neuerer Studien dazu ermutigen, sie einzustellen, schreiben die Autorinnen. Firmen, die bereits Jugendliche aus Zuwandererfamilien ausgebildet hätten, würden diese Erfahrung meistens positiv beurteilen.
Fazit: Wer für die Einstellung von Auszubildenden verantwortlich ist, soll sich die Grundlagen der eigenen Entscheidung bewusst machen und auf "strukturelle, nicht intendierte Ausschlussprozesse im Auswahlverfahren" achten.
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(Aus der Soli aktuell 2/2023, Autorin: Soli aktuell)