Deutscher Gewerkschaftsbund

Fachwissen gefragt: Digitalisierung und Ausbildung

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Wird die traditionelle Berufsausbildung damit überflüssig? Nein, zeigt eine HBS-Studie.

© DGB-Jugend/Susanne M. Neumann

Anders als angenommen ist die Digitalisierung nicht immer Zuckerschlecken. Aber zumindest zukunftsoffen muss sie sein.

Die Jobs der einen werden durch Maschinen ersetzt, die Jobs der anderen verändern sich so schnell, dass die Beschäftigten mit Fähigkeiten, die sie vor Jahren erworben haben, ohnehin nichts mehr anfangen können. In diesem von manchen vertretenen Extremszenario von wirtschaftlicher Transformation ist wenig Raum für die klassische Berufsausbildung.

Doch die Realität sieht anders aus – das macht eine empirische Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) deutlich. Die Autor*innen um Judith Neumer vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung in München stützen diese These auf die Auswertung von insgesamt 55 Interviews mit Beschäftigten in Produktionsbetrieben.

Digitalisierung bedeutet häufig Vernetzung und damit eine intensivierte Zusammenarbeit mit Kolleg*innen aus anderen Arbeitsbereichen. Dazu ist es nötig, Expert*in für das eigene Arbeitsfeld zu sein und gleichzeitig die Fähigkeit zu besitzen, sich mit Fachleuten für andere Fragen auseinanderzusetzen.

Doch "Dequalifizierung konterkariert die Grundlagen hierfür", wie die Forscher*innen beobachtet haben. Beschäftigte müssen in der Lage sein, "Sichtweisen, Handlungslogiken und Bedarfe anderer Arbeits- und Fachbereiche bei der eigenen Arbeit zu berücksichtigen". Das erfordere ständige Weiterbildung auf Basis einer Grundqualifikation.

Die Autor*innen halten es für sinnvoll, das Ausbildungssystem so weiterzuentwickeln, dass die Inhalte nicht hinter den betrieblichen Erfordernissen zurückbleiben. Denn die vorhandenen Ausbildungsberufe im dualen System profitieren von ihrer zukunftsoffenen Ausgestaltung. Sie liefern die solide Grundlage, um darauf aufbauend auf betriebsspezifische Anforderungen zu reagieren.


Judith Neumer u. a.: Beruflichkeit und Kollaboration in der digitalisierten Arbeitswelt, Arbeitspapier der HBS-Forschungsförderung Nr. 242, 2022. Weitere Infos: https://t1p.de/butlx

(Aus der Soli aktuell 1/2023, Autorin: Soli aktuell)

Beschluss Positionspapier zu Ausbildung 4.0
Für die DGB-Jugend steht fest: Eine gute Ausbildung – die Ausbildung 4.0 – ist ein maßgeblicher Teil der Antwort auf die Herausforderungen der Digitalisierung. Sie muss sicherstellen, dass die Menschen auf die digitale (Arbeits-)Welt gut vorbereitet werden. Unter Ausbildung 4.0 versteht man eine moderne, umfassende Ausbildung, die allen jungen Menschen offensteht. Dafür sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die allen jungen Menschen den Zugang zu Ausbildung ermöglichen sowie moderne Inhalte und Methoden verankern, die bestmöglich auf eine qualifizierte Arbeit im erlernten Beruf vorbereiten.

https://jugend.dgb.de/ausbildung4punkt0