Deutscher Gewerkschaftsbund

Für einen guten Ausbildungsstart

Für einen guten Start in das erste Ausbildungsjahr – auch unter möglichen Corona-Bedingungen – beantwortet "Dr. Azubi" die wichtigsten Fragen.

Julia Kanzog

 Azubi-Ratgeberin Julia Kanzog.

Muss ich in den Betrieb, wenn meine Berufsschule geschlossen hat?
"Dr. Azubi" antwortet: Wenn deine Berufsschule Homeschooling anbietet, muss dein Betrieb dich hierfür weiter freistellen (§ 15 Berufsbildungsgesetz, BBiG). Davon abgezogen werden können die Zeiten, die nicht im Homeschooling vermittelt werden (z.B. Sport und Religion). Sollte kein Homeschooling angeboten werden, musst du ganz normal in den Betrieb gehen.

Achtung: Das gilt nicht, wenn du in Quarantäne bist oder es ein Betretungsverbot für deinen Betrieb gibt!

Darf ich der Ausbildung fernbleiben?
"Dr. Azubi" antwortet: Nein. Auch nicht, weil etwa die Ansteckungsgefahr auf dem Weg zur oder bei der Arbeit zu hoch ist. Dein Betrieb muss alle Hygienevorschriften einhalten, damit es zu keiner Ansteckung am Arbeitsplatz kommen kann.

Eigenmächtiges Fernbleiben ist unentschuldigtes Fehlen! Es kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben – von Abzügen bei deiner Vergütung bis hin zu Abmahnungen. Und wenn es ganz übel kommt, folgt eine Kündigung oder deine Zulassung zu den Prüfungen ist womöglich gefährdet.

Natürlich kannst du mit den Ausbilder*innen sprechen; ihr könnt bei einer konkreten Gefährdung vereinbaren, dass du zeitweise im Homeoffice arbeitest.

Kann ich als Auszubildende*r im Homeoffice arbeiten?
"Dr. Azubi" antwortet: Ausbildung kann nur stattfinden, wenn deine Ausbilder*in anwesend ist, dir für Fragen zur Verfügung steht und dich in Arbeitsvorgänge einweisen kann (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Das geht in der Regel nicht im Homeoffice. Sollte es wegen der pandemischen Situation nicht anders möglich sein, dann ist Homeoffice ausnahmsweise vertretbar.

Nicht vergessen: Auch hier sind regelmäßige Gespräche mit euren Ausbilder*innen wichtig!

Darf ich ausgeliehen werden?
"Dr. Azubi" antwortet: Dein Betrieb ist dafür verantwortlich, dir alle Ausbildungsinhalte nach dem Ausbildungsrahmenplan beizubringen. Wenn Betriebsteile schließen bzw. der komplette Betrieb zeitweise schließt, ist dein Betrieb weiterhin verpflichtet, dir eine gute Aus5bildung zu gewährleisten. Das kann eine vorübergehende Ausleihe an einen anderen Betrieb bedeuten. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Du musst der Ausleihe zustimmen.
  • Der Partnerbetrieb muss im selben oder in einem ähnlichen Beruf ausbilden.
  • Die beiden Betriebe schließen einen Kooperationsvertrag, in dem Ausbildungsinhalte und Vergütung geregelt sind.

Kann mein Betrieb mich denn in Kurzarbeit schicken?
"Dr. Azubi" antwortet: In der Regel darf für dich keine Kurzarbeit angeordnet werden. Der Betrieb muss erst alle Mittel ausschöpfen, dir eine gute Ausbildung anzubieten. Dafür können Ausbildungsinhalte umgestellt bzw. Ausbildungsteile vorgezogen werden. Du kannst in eine andere Abteilung versetzt werden, wieder in die Ausbildungswerkstatt kommen oder an einen anderen Betrieb ausgeliehen werden. Erst wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch in Frage kommen. In diesem Fall hast du Anspruch auf eine Fortzahlung deiner Vergütung für mindestens sechs Wochen. Tarifvertraglich können auch längere Fristen gelten. Erst danach kannst du Kurzarbeit beantragen.

Darf meine Ausbilder*in in Kurzarbeit geschickt werden?
"Dr. Azubi" antwortet: Auch hier gilt, dass die Ausbildung nur stattfinden kann, wenn du Ausbilder*innen an deiner Seite hast. Da der Betrieb seiner Ausbildungspflicht nachkommen muss, dürfen sie nur im Ausnahmefall in Kurzarbeit geschickt werden. Wirst du deswegen nur mangelhaft oder gar nicht ausgebildet, kann ein Schadenersatzanspruch gegenüber deinem Ausbildungsbetrieb entstehen.

Kann mir einfach so gekündigt werden?
"Dr. Azubi" antwortet: Nach der Probezeit bist du in einem geschützten Arbeitsverhältnis. Kurzarbeit an sich kann dann keine Kündigung der Auszubildenden durch den betroffenen Ausbildungsbetrieb rechtfertigen. Es sei denn, die Ausbilder-Arbeit kommt für längere Zeit vollständig zum Erliegen. Entfällt dadurch die Ausbildungseignung des Betriebes, ist eine Kündigung der Auszubildenden möglich, ohne dass ein Schadenersatzanspruch entsteht. Dein Betrieb ist aber dazu verpflichtet, sich rechtzeitig in Zusammenarbeit mit der zuständigen Agentur für Arbeit um einen anderen Ausbildungsbetrieb für dich zu bemühen.

Hilfe! Mein Betrieb schickt mich in den Urlaub. Geht das so einfach?
"Dr. Azubi" antwortet: Urlaub sollte deiner Erholung dienen. Daher kannst du nicht in einfach so in den "Zwangsurlaub" geschickt werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann dein Betrieb aber im Rahmen seines Direktionsrechts Betriebsurlaub anordnen. Eine solche Anordnung darf jedoch nie den gesamten Jahresurlaub umfassen und ist in der Regel auch nur mit einem angemessenen Vorlauf möglich. Sollte es in deiner Firma einen Betriebsrat geben, ist eine solche Anordnung außerdem mitbestimmungspflichtig.

Was ist los, wenn mein Betrieb Insolvenz anmeldet?
"Dr. Azubi" antwortet: Dann ändert sich für dich und deine Ausbildung erst mal nichts, denn dein Vertrag bleibt weiterhin bestehen. An die Stelle deines Ausbildungsbetriebes tritt nun eine Ausbildungsverwaltung – und alle Rechte und Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis sind ihr gegenüber zu stellen. Wichtig ist, dass du keine Vertragsänderungen zu deinem Nachteil unterschreibst.
Ist absehbar, dass der Betrieb eingestellt wird, sollten die Entscheider*innen des insolventen Unternehmens Kontakt mit der zuständigen Kammer aufnehmen, um die Weiterführung der Berufsausbildungsverhältnisse abzuklären. Welchen Einfluss die Betriebsstilllegung auf das Prüfungsverfahren hat, kann dann im Einzelfall auch mit der Ausbildungsberatung abgesprochen werden.

 
(Aus der Soli aktuell 8/2022, Autorin: Soli aktuell)

Corona-Maßnahmen ab Herbst
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