Ausbildung, Corona, Klimawandel: Yassine Chaikhoun über die Themen, die die Junge BAU beschäftigen.
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Yassine Chaikhoun ist der Bundesjugendsekretär der IG BAU.
Yassine, die neue Regierung hat die Arbeit aufgenommen. Die Ziele sind stark auf das Thema Klima ausgerichtet. Wie bewertet die Junge BAU die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages?
Die Ziele der neuen Regierung in puncto Klima sind sehr ambitioniert. Für uns als Umweltgewerkschaft ist es immer spannend, was in einen Koalitionsvertrag geschrieben wird und was am Ende tatsächlich umgesetzt wird. Das gesetzte Klimaziel mit dem Ausstieg und die Erhöhung von Investitionen in Erneuerbare Energien gehört für uns als Junge BAU zu den wichtigsten Zielen.
In unseren Branchen wird das Thema Klima ständig mitgedacht: im Bauhauptgewerbe das nachhaltige Bauen, im Forstbereich der Zustand des Waldes, in der Gebäudereinigung beim Einsatz biologischer Mittel. Dass alle ihren Beitrag zum Klima leisten können, ist überall angekommen. Wir haben die Regierung im Blick und schauen, was aus den Versprechungen wird. Natürlich erinnern wir die Regierung immer wieder daran und werden nicht lockerlassen.
Als Bundesjugendsekretär hast du dir sicher besondere Ziele gesetzt…
Ich bin überzeugter Gewerkschafter und möchte das den Menschen in unseren Branchen und in unserer Gesellschaft näherbringen. Ich will mit meinen Ehrenamtlichen die Gewerkschaftsbewegung nach vorne bringen, im ständigen Kampf für bessere Ausbildungsbedingungen.
Ist der Job besonders anstrengend?
Mir macht er Spaß, es ist eine schnelllebige Position. Ich kann dir häufig morgens nicht sagen, was am Tag auf mich alles zukommt. Anstrengend würde ich jetzt nicht sagen. Es gibt natürlich immer mal wieder ein Spannungsfeld zwischen dem, was ich machen will, und dem, was ich machen kann. Über zu wenig Arbeit kann ich mich nicht beschweren.
Wir haben jetzt zwei Jahre Corona. Am Bau dürfte es nicht so viel Homeoffice geben, oder? Habt ihr es derzeit leichter, mit euren Mitgliedern in Kontakt zu treten, als es in anderen Branchen der Fall ist?
Homeoffice gab es für unsere gewerblichen Kolleg_innen nicht. Auf den Baustellen gab es so etwas wie Corona nicht wirklich. In der Tat konnten Bauprojekte schneller durchgeführt werden, weil z.B. der Verkehr immens ruhiger wurde. Es gab keine Rush Hour mehr, wo man mit dem Auto mehr stand als gefahren ist.
Der Kontakt zu unseren Mitgliedern war dennoch teilweise eingeschränkt, denn anfangs wollten wir als Gewerkschaftsvertreter_innen nicht als Super-Spreader durch Betriebe oder auf Baustellen gehen und haben sogar versucht, den direkten Kontakt zu minimieren. Bei uns auf Jugendebene ging der Switch dann aber sehr schnell.
Was bewegt junge Menschen in der Baubranche derzeit am meisten?
Da vollzieht sich gerade ein Wandel. Früher hieß es: "Viel hilft viel" – in Tarifverhandlungen beispielsweise war immer von mehr Geld die Rede. Mittlerweile ist das nicht mehr so ausschlaggebend. Zeit – das ist es, was junge Menschen in allen Branchen derzeit bewegt: Lieber weniger arbeiten, dafür mehr Zeit mit Familie, Partner_in, Freund_innen oder fürs Hobby. Wir möchten arbeiten, um zu leben; und nicht leben, um zu arbeiten.
Die DGB-Jugend fordert eine Ausbildungsgarantie, finanziert aus einem Zukunftsfonds, einem Umlageverfahren. Die Baubranche hat schon lange eine Umlagefinanzierung, an der sich die Betriebe beteiligen. Warum habt ihr etwas, was anscheinend so schwer durchzusetzen ist?
In der Baubranche – klassisches Bauhauptgewerbe und Baunebengewerbe – haben wir einige Sozialkassen, die paritätisch von Arbeitgeberverbänden und uns als Gewerkschaft gegründet wurden und geführt werden. Über das Sozialkassensystem wird vieles abgewickelt, was nicht mehr bei den angeschlossenen Betrieben liegt. Hier wird der Urlaub verwaltet, die Rentenansprüche werden angespart und auch die umlagefinanzierten Ausbildungskosten sind geregelt.
Wie kam es dazu?
In der Baubranche ist Nachwuchs schon immer ein Thema gewesen: Erst wurde versucht, die Ausbildung attraktiver zu gestalten, das ist auch bis zu einem gewissen Grad gelungen. Dann hat aber immer noch die Unterstützung aus den Betrieben gefehlt. Die Ausbildungskosten waren ein Punkt und auch der "Aufwand", einen Auszubildenden auszubilden, schreckte viele Betriebe ab. Irgendwann hatte sich die Situation so zugespitzt, dass Aufträge abgelehnt werden mussten, weil schlicht die Beschäftigten fehlten. Die Arbeitgeberverbände Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und Zentralverband Deutsches Baugewerbe haben dies irgendwann auch erkannt, man führte die umlagefinanzierte Ausbildung ein.
Das Prinzip ist recht einfach: Alle Betriebe zahlen ein; die Betriebe, die ausbilden, bekommen gestaffelt die Ausbildungskosten erstattet. Getreu dem Motto: "Ausbilden oder Profite abdrücken" wird dies in der Baubranche gelebt. Der Vorteil für die ausbildenden Betriebe: Im Anschluss an die Ausbildung kann der Großteil als Gesell_innen übernommen werden. Damit sichern sich die Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit in einem umkämpften Bereich.
Wo siehst du die – die Frage liegt nahe – Baustellen der Jungen BAU in den kommenden Jahren?
Hehe, klasse Wortwitz! Unsere Baustellen sind in den kommenden Jahren unsere Mitgliederentwicklung, unsere Tarifverhandlungen und unser politisches Engagement auf allen Ebenen. Hier werden wir uns einmischen und entschlossen für unsere Anliegen kämpfen. Weniger Schwerpunkte – mehr Tiefe!
Hier geht es zur Jungen BAU.
(Aus der Soli aktuell 7/2022, Autorin: Soli aktuell)