Deutscher Gewerkschaftsbund

Engagement - das ist für jeden was

Lea Herzig von der DGB-Jugend ist neue stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings.

Lea Herzig

© Philip Nürnberger

Lea Herzig, 29, ist bei der ver.di Jugend aktiv. Als stellvertretende Vorsitzende des DBJR ist sie für Sozialpolitik und Erinnerungsarbeit zuständig.

Lea, auf der Vollversammlung des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR) bist du zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden. Warum hast du dich wählen lassen?
Der DBJR ist die Stimme der Jugend, eine starke Vertretung der Interessen junger Menschen. Die Vielfalt seiner Mitgliedsverbände spiegelt dabei auch wider, in welcher Breite das Engagement und die Interessen junger Menschen liegen. Als DGB-Jugend sind wir ein wichtiger Teil dieser Arbeitsgemeinschaft und es hat mich gereizt, über den gewerkschaftlichen Tellerrand zu schauen. Und die Möglichkeit zu bekommen, unsere Forderungen auf einer noch breiteren Basis zu vertreten.

Die DGB-Jugend konnte in der DBJR-Vollversammlung die Forderung nach der Einführung einer umlagefinanzierten Ausbildungsgarantie mit Zukunftsfonds durchsetzen. Wie war das Echo auf diesen Antrag bei den anderen Jugendverbänden?
Der wurde ohne Gegenstimmen verabschiedet, die anderen Jugendverbände unterstützen also unser Konzept. Dazu haben einzelne Gespräche gezeigt, dass auch in den anderen Jugendverbänden das Problem des Ausbildungsplatzmangels durchaus präsent ist. Alle Jugendverbände wünschen sich allein schon für ihre eigenen Aktiven, dass sie eine gesicherte Ausbildungsmöglichkeit erhalten.

Auf welchen Feldern wird der DBJR künftig sonst noch besonders aktiv?
Natürlich spielt die Corona-Pandemie auch in der Jugendverbandsarbeit noch immer eine wichtige Rolle. Diese erfordert gerade auch finanzielle Hilfen durch den Bund, weshalb es nun u.a. um Aufholpakete gehen wird. Dazu soll das Sozialgesetzbuch VIII zur Kinder- und Jugendhilfe novelliert werden, das im Wesentlichen auch den rechtlichen Rahmen für die Jugendverbandsarbeit stellt. Und der DBJR wird auch die kommenden Schritte im Bereich der Nachhaltigkeitspolitik aus einer Jugendperspektive aktiv begleiten.

Welche Ziele hast du dir für deine Arbeit dort vorgenommen?
Im DBJR-Vorstand bin ich für das Themenfeld Sozialpolitik zuständig. Hier gilt es, der Politik aufzuzeigen, dass nicht nur Kinderarmut in Deutschland ein erhebliches Problem ist, sondern diese auch immer mit Jugendarmut zusammengedacht werden muss. Eine Kindergrundsicherung kann ein gutes Instrument sein; wenn diese aber schlagartig mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres endet, werden junge Menschen weiterhin im Regen stehen gelassen.

Dazu verantworte ich das Themenfeld Erinnerungspolitik sowie die bilateralen Beziehungen zu den Jugendverbänden in Polen und Israel. Hier ist es mir wichtig, die lange Tradition des intensiven Austauschs weiterzuführen, in der auch die Gewerkschaften stehen – und dabei nie die besondere und gleichzeitig furchtbare Geschichte, die uns mit diesen beiden Ländern verbindet, zu vergessen.

Du bist Doktorandin und schreibst eine Arbeit zum Umgang des DGB mit Antisemitismus seit 1949. Kannst du schon sagen, was dein wichtigstes Ergebnis bei dem Thema ist?
Eine meiner bisher wichtigsten Erkenntnisse ist wohl, dass der DGB immer auf verschiedene Ausprägungen von Antisemitismus reagiert hat und aus seinem antifaschistischen Selbstverständnis heraus dagegen aktiv geworden ist.

"Kinderarmut muss mit Jugendarmut zusammengedacht werden."

Egal ob es um die Debatten um Wiedergutmachung und die Verjährung der Verbrechen der Shoah, das Aufkommen neuer rechter Gruppierungen oder Parteien oder auch um Angriffe auf das Existenzrecht des Staates Israels ging: Der DGB ist hier aktiv geworden, auch in den eigenen Reihen, hat versucht mit Bildungsangeboten antisemitischen Einstellungen in der Mitgliedschaft zu begegnen und öffentlich Stellung bezogen.

Kritisch muss man aber trotzdem fragen, wie viel Einfluss diese Positionen sowohl gesamtgesellschaftlich als auch auf die Mitgliederschaft direkt hatten.

Wieso arbeitest du zu diesem Thema?
Ich kann meine Forschungsinteressen im Bereich der Antisemitismusforschung mit meiner zweiten Leidenschaft, der Gewerkschaftsarbeit, verbinden. Und es ist verbandsgeschichtlich interessant, sich den DGB einmal unter diesem Aspekt anzuschauen.

Wie bist du zum gewerkschaftlichen Engagement gekommen?
Zu Beginn meines Studiums habe ich in der Gastronomie gearbeitet und die Bedingungen waren dort wirklich nicht rosig. Eigentlich komme ich aus einer Familie mit gewerkschaftlichem Hintergrund, aber irgendwie brauchte es wohl dieses Erleben schlechter Arbeitsbedingungen, um selbst aktiv zu werden.

Die Aktionen der ver.di Jugend in Berlin machten direkt viel Spaß, ich wurde im AK Antifa aktiv, war bei den Streiks für einen neuen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte in Berlin dabei und durfte mit der DGB-Jugend nach Israel fahren. Das waren so großartige Erfahrungen, dass ich mich gerne weiter eingebracht habe.

Welche Ämter hattest du bisher?
Ich bin in ver.di in der Jugend, bei den Frauen und im Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung aktiv, dort durfte ich mich bisher in einigen Gremien einbringen. Dazu war ich einige Zeit lang Mitglied des DGB-Bezirksjugendausschusses Berlin-Brandenburg.

Kannst du jungen Leuten empfehlen, sich in der Gewerkschaft zu engagieren? Und wo fängt man am besten damit an?
Aber klar! Ich kann allen jungen Leuten, egal ob sie gerade eine Ausbildung machen oder (dual) studieren, nur empfehlen, sich in ihren Gewerkschaften zu engagieren und für ihre Interessen einzusetzen. Einfach mal im Betrieb nach der JAV fragen oder vor Ort bei den jeweiligen Jugendsekretär_innen – und dann einfach schauen, worauf man Lust hat: Tarifarbeit, Internationales, Gesellschaftspolitik, Bildung. Da ist doch für jeden was dabei!


(aus der Soli aktuell 1/2022, Autorin: Soli aktuell)

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