Deutscher Gewerkschaftsbund

Die Corona-Ausbildungsstudie der DGB-Jugend

Wie wirkt sich Corona auf die duale Ausbildung aus? Die DGB-Jugend hat dies in einer Studie untersucht.

© DGB

Liefert unbequeme Daten: die Corona-Studie der DGB-Jugend. DGB-Jugend (Hg.): Corona-Ausbildungsstudie. Sonderstudie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die duale Berufsausbildung, Berlin 2021, Broschüre, 52 S. 

Fragestellung
Die Corona-Pandemie stellt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Der Infektionsschutz erforderte die Schließung von Betrieben und ganze Branchen befanden sich im Lockdown. Darunter litten und leiden nicht nur die betroffenen Beschäftigten.

Die Pandemie hat auch große Auswirkungen auf die fast 1,5 Millionen Auszubildenden in Deutschland, die unter solchen Umständen oftmals eines nicht haben – eine reguläre, gute Berufsausbildung. Die DGB-Jugend wollte wissen: Wie wirkt sich Corona und die damit verbundenen Maßnahmen konkret auf die duale Ausbildung aus? "Wir wollen zeigen, an welchen Stellen es Probleme gab und nach wie vor gibt", sagt DGB-Bundesjugendsekretärin Ela Conte.

Mit der neuen DGB-Jugend-Sonderstudie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die duale Ausbildung auf Grundlage des DGB-Index Gute Arbeit liegen nun Daten zur Situation der Auszubildenden vor.

Auswirkungen
Es gab Zwangsurlaub, Homeoffice, Kurzarbeit – und manche der Auszubildenden standen plötzlich ohne Ausbilder_innen da. Letztlich fand in betroffenen Betrieben teilweise keine oder eine nur sehr eingeschränkte Ausbildung statt. Zudem waren Berufsschulen dicht oder man versuchte dort, den Unterricht über Distanzlernen aufrechtzuerhalten, worauf sie mehr schlecht als recht vorbereitet waren.

Das zentrale Ergebnis der Sonder-Befragung: Die Qualität der Ausbildung hat in Pandemiezeiten deutlich eingebüßt.

Aber nicht nur Auszubildende sind von der Pandemie hart getroffen, sondern auch diejenigen jungen Menschen, die erst noch eine Ausbildung machen wollen. Betriebe halten sich zurück und bieten weniger Ausbildungsplätze an, und auch die Bewerber_innen sind verunsichert. In der Folge gibt es auch im zweiten Jahr der Pandemie erneut weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge.

Forderungen
DGB und DGB-Jugend haben sich frühzeitig für ein klares Gegensteuern eingesetzt, um die Folgen für die Betriebe und ihre Auszubildenden abzumildern. In der Allianz für Aus- und Weiterbildung wurde noch im Frühjahr 2020 ein "Schutzschirm für die Ausbildung" entwickelt, der mit dem "Bundesprogramm Ausbildungsplätze sichern" als Teil des Konjunkturpaktes im August 2020 von der Bundesregierung umgesetzt wurde. "Dennoch droht der dualen Berufsausbildung ein dauerhafter Substanzverlust, wenn es nicht endlich strukturelle Änderungen gibt", sagt Conte.

Die DGB-Jugend fordert einen umlagefinanzierten Zukunftsfonds, um das System der dualen Berufsausbildung zu stärken und mehr betriebliche Ausbildungsplätze zu erhalten beziehungsweise wieder bereitzustellen.

Damit ist eine Ausbildungsgarantie verbunden, die den Jugendlichen, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz bekommen, einen Einstieg in die Ausbildung bietet.

Die Corona-Ausbildungsstudie: Wichtige Ergebnisse im Überblick

  • Berufsschule: Fast alle Auszubildenden waren von Homeschooling bzw. Distanzunterricht betroffen (94,9 Prozent). Fast ein Drittel der Befragten (30,1 Prozent) sagt, die fachliche Qualität des Berufsschulunterrichts habe sich seit Beginn der Corona-Pandemie verschlechtert. Mehr als die Hälfte (52,7 Prozent) der Befragten bemängelt die digitale Ausstattung der Schulen. (30,9 Prozent sagen "befriedigend ", 13,9 Prozent "ausreichend", 7,9 Prozent "mangelhaft")
  • Zukunftsangst: Mehr als ein Drittel der Befragten (34,6 Prozent) macht sich große Sorgen, die Ausbildung nicht erfolgreich abschließen zu können. Der Grund: Coronabedingt wurden Ausbildungsinhalte nur teilweise vermittelt. Die Angst vor dem Scheitern ist in Klein- und Kleinstbetrieben am höchsten.
  • Prüfungen: Besonders Auszubildende im dritten Ausbildungsjahr, die kurz vor ihren Abschlussprüfungen stehen, schätzen ihre Situation kritisch ein. Nur 51,1 Prozent waren mit der Prüfungsvorbereitung von betrieblicher und 47,2 Prozent von berufsschulischer Seite sehr zufrieden oder zufrieden.
  • Homeoffice: Fast 60 Prozent der Befragten haben in der Pandemie zumindest Teile Ihrer Ausbildung im Homeoffice absolviert. Nur 35 Prozent der Befragten haben alle Materialien und Geräte zur Verfügung gestellt bekommen, die sie für die Ausbildung von zu Hause aus brauchen. 20 Prozent haben keinerlei Arbeits- und Lernmittel vom Betrieb erhalten.
  • Ausbildungspersonal: Nur 33,1 Prozent standen die Ausbilder_innen während der Homeoffice-Phasen "immer" zur Verfügung, obwohl die fortlaufende Betreuung im Berufsbildungsgesetz vorgeschrieben ist.
  • Ausbildungsvergütung: 24,3 Prozent der Befragten wurde sie gekürzt. In kleinen Betrieben (5 bis 10 Beschäftigte) waren es sogar 37,9 Prozent.
  • Urlaub: 18,7 Prozent der Auszubildenden gaben an, dass ihnen seit Beginn der Corona- Pandemie mindestens einmal der Urlaub gekürzt wurde, obwohl das nicht erlaubt ist. Bei der Mehrheit der Betroffenen (61,6 Prozent) ging es dabei um bis zu 5 Urlaubstage.
  • Ausbildungsfremde Tätigkeiten: Mehr als ein Viertel der Auszubildenden (26,3 Prozent) muss sie "immer" oder "häufig" erledigen. Im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit hat sich dieser Wert mehr als verdoppelt (DGB-Jugend- Ausbildungsreport 2020: 12,1 Prozent). In kleineren Betrieben (5 bis 10 Beschäftigte) ist das Problem besonders ausgeprägt (35,5 Prozent). Mehr als die Hälfte der Auszubildenden (57,6 Prozent) wird "immer" oder "häufig" als volle Arbeitskraft eingesetzt, obwohl das in der Ausbildung nicht erlaubt ist.
  • Überstunden: Müssen ein Drittel der Auszubildenden (32,6 Prozent) "immer" oder "häufig" machen; die meisten (fast 80 Prozent) wöchentlich bis zu 5 Stunden. Auch mehr als 20 Überstunden je Woche kommen vor.
  • Minusstunden: Ein Viertel (23,3 Prozent) der Befragten muss gar Minusstunden ansammeln, wenn die Ausbildung aus betrieblichen Gründen ausfällt. Sie müssen nacharbeiten.

 

(aus der Soli aktuell 9-10/2021, Autorin: Soli aktuell)