Deutscher Gewerkschaftsbund

Steffen Kendziora zur Wahl in SAH

Aktiv vor und nach dem Wahlkampf: Jugendgewerkschafter Steffen Kendziora über die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt.

© DGB-Jugend

Gesicht zeigen in Corona-Zeiten: Politikwissenschaftsstudent Steffen Kendziora, 29, ist bei der ver.di Jugend und der DGB-Jugend vor Ort und auf Landesebene aktiv.

Steffen, die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist vorbei. Was bedeutet das Ergebnis für die Arbeit der Gewerkschaftsjugend?
Wir haben die Zahlen zum Teil mit Überraschung zur Kenntnis genommen. Positiv ist, dass die AfD es nicht geschafft hat, stärkste Kraft zu werden. Allerdings wissen wir auch, dass es weiterhin harte Arbeit bleiben wird, für Themen wie gute Arbeit, soziale Gerechtigkeit und zukunftsweisende Investitionen Mehrheiten zu finden.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wichtige Weichenstellungen wie die Einführung eines Azubi-Tickets hart erkämpft werden müssen. Trotz breiter Zustimmung von linken Parteien bis zu Arbeitgeberverbänden stellte sich die CDU unter Ministerpräsident Reiner Haseloff ewig quer.

Weitere Baustellen wie etwa fehlende Investitionen in Berufsschulstandorte und abnehmende Ausbildungsplatzzahlen müssen jetzt angegangen werden.

Welche Forderungen hattet ihr?
Durch die gute Zusammenarbeit mit unseren acht Mitgliedsgewerkschaften und vor allem den phänomenalen Einsatz unserer jungen ehrenamtlichen Kolleg_innen konnten wir viele Facetten in unser Forderungspapier aufnehmen. Wichtig ist uns, die Segel in Richtung Zukunft zu setzen und jungen Menschen in Sachsen- Anhalt ein gutes Leben zu ermöglichen.

Zentral sind deshalb für uns die Stärkung der Berufsschul- und Hochschulstandorte, der Ausbau des ÖPNV, die Einführung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes und eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft gegen rechte Gewalt. Zur Stärkung guter Ausbildungsbedingungen fordern wir die Einführung einer umlagefinanzierten Ausbildung und eine Ausbildungsgarantie für Sachsen-Anhalt.

Wie hast du dich für die Inhalte der Gewerkschaftsjugend eingesetzt?
Schon im Januar 2020 gingen unsere Planungen los: über das Finden von Themen beim örtlichen ver.di Jugend-Stammtisch in Halle und im Landesjugendausschuss der DGB-Jugend.

Daraufhin haben wir den Kontakt zu den Parteijugenden in Einzelgesprächen und meist digitalen, aber dennoch coolen gemeinsamen Veranstaltungen intensiviert. In diesem Jahr konnten wir dann direkt mit den Spitzen der demokratischen Parteien ins Gespräch kommen und wichtige Punkte in deren Wahlprogrammen verankern.

Wie sind die Verbindungen der Gewerkschaftsjugend zu Ministerpräsident Reiner Haseloff?
Als Gewerkschaftsjugend haben wir keinen direkten Draht zum amtierenden Ministerpräsidenten, aber über den DGB gibt es regelmäßige Gespräche. Haselhoff ist vielleicht kein glühender Unterstützer der Gewerkschaften, aber er respektiert uns und unsere Aufgaben.

Insgesamt hat auch er Interesse daran, dass es Beschäftigten in seinem Bundesland besser geht, auch wenn das viele in seiner Partei anders sehen.

Rund 22 Prozent der Sachsen-Anhaltiner_innen wählen stramm rechts. Wie kommt es dazu?
Darüber kann man viel theoretisieren. Von der DDR-Erfahrung, dem harten Bruch nach der Wende, wiederholtem Strukturwandel in der Region…

Erstmal muss man aber sagen, dass die AfD insgesamt 50.000 Stimmen weniger eingefahren hat als 2016. Für uns ist das dennoch eine große Herausforderung, weil die Partei und die Fraktion treu zum offiziell nicht mehr existierenden "Flügel" stehen.

Es sind Neonazis, rechte Burschenschaftler und auch Vertreter der Identitären Bewegung, die mit im Landtag arbeiten. Für uns ist es umso wichtiger, dass wir uns stark machen für eine solidarische und gerechtere Gesellschaft und somit der AfD und ihrer spaltenden Politik das Wasser abgraben.

Parteien, die Arbeitnehmerinteressen vertreten sollten, schneiden schlecht ab. Wie kommt das und was macht ihr damit?
Warum sie an Zustimmung verlieren, ist eine schwierige Frage. Auch wenn sich linke Parteien gute und wichtige Themen auf die Fahnen schreiben, scheinen die Wähler_innen es für unrealistisch zu halten, dass diese Projekte umgesetzt werden können.

Zentral für uns wird bleiben, mit allen demokratischen Parteien im Gespräch zu bleiben und sich für gute Arbeits- und Lebensbedingungen aller Arbeitnehmer_innen einzusetzen.

Eure Pläne für die nächsten fünf Jahre?
Nach der Wahl ist vor der Wahl! Wir werden nicht locker lassen, um gute Lebens-, Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen für junge Menschen in Ausbildung, Studium und Beschäftigung zu erstreiten. Es wird nicht leicht, aber wir geben nicht auf!

Die sozialen und ökologischen Probleme, die wir lösen müssen, treffen nicht alle Menschen gleich und sie treffen uns jetzt und nicht erst in kommenden Jahrzehnten. Deshalb müssen wir besonders jetzt laut sein und für eine sozial gerechtere Zukunft kämpfen!


(aus der Soli aktuell 8/2021, Autorin: Soli aktuell)