Und wir werden unsere Ziele erreichen: Die Forderungen der DGB-Jugend zur Bundestagswahl erläutert Peter Sylka von der IG Metall Jugend.
© Privat
Peter Sylka – Monteur in Crailsheim und ehrenamtlich für die IG Metall Jugend aktiv, u. a. im DGB-Bundesjugendausschuss. Das Forderungspapier der DGB-Jugend zur Bundestagswahl findet ihr auf https://jugend.dgb.de/press-start
Peter, am 26. September sind Bundestagswahlen und die Gewerkschaftsjugend hat bereits ihre Forderungen formuliert. Den Einstieg macht das Klima. Was fordert ihr für eine sozial-ökologische Wende?
Als erstes, dass diese Krise endlich auch als das wahrgenommen wird, was sie ist: eine Krise! Gerade wir als die junge Generation werden die ersten sein, die stark von der Klimakrise betroffen sind. Wir müssen verhindern, dass dies zu einem Generationenkonflikt wird, und daher das Thema in der ganzen Gesellschaft diskutieren.
Ebenso fordern wir umfassende Investitionen in die vom Strukturwandel stark betroffenen Regionen und Branchen sowie einen besonderen Fokus auf Bildung und Qualifikation. Dabei müssen wir auch die Mitbestimmung der Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAVen) und Betriebsräte stärken.
Natürlich müssen wir dann auch schauen, was mit Menschen passiert, deren Berufe keine Zukunft mehr haben. Als Grundlage für eine Umqualifizierung stellen wir uns ein Bundesweiterbildungsgesetz vor.
Und natürlich ist eine Anpassung der globalen Wachstumsökonomie hin zu einer Kreislaufwirtschaft mit nachhaltigen Produktionswegen, Arbeitsabläufen und Lieferketten unabdingbar. Dem Klimawandel kann man nur mit Kapitalismuskritik und einer Neuorientierung unseres wirtschaftlichen Handelns begegnen.
Euch ist natürlich auch das Thema Ausbildung wichtig. In der Corona-Pandemie hat die Ausbildungsbereitschaft bei den Betrieben um sage und schreibe elf Prozent abgenommen.
Seit Jahren kommen die Unternehmen ihrer Verantwortung nicht nach und bilden zu wenig aus. Wir wollen, dass alle Betriebe in einen Fonds einzahlen. Betriebe, die ausbilden, erhalten dann durch die Umlagefinanzierung eine finanzielle Unterstützung. Jede Person sollte die Ausbildung absolvieren, die sie möchte. Dafür fordern wir eine Ausbildungsgarantie in drei Stufen:
Und danach? Viele junge Menschen bekommen nur befristete Verträge zum Berufseinstieg…
Daher fordern wir die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden und dual Studierenden. Aber auch ganz grundsätzlich kämpfen wir gegen den Befristungswahnsinn. Wir fordern das Ende der sachgrundlosen Befristung und wollen ungerechte Sachgründe abschaffen. Aber ich schätze den DGB und dessen Mitgliedsgewerkschaften als kampfbereit ein – und deshalb wird dieses Ziel auch zu erreichen sein!
Ihr wollt auch mehr Selbstbestimmung bei der Arbeit. Was hat es damit auf sich?
Arbeitgeber fordern immer häufiger Flexibilität von Arbeitnehmer_innen ein. Aber das muss auch in die andere Richtung funktionieren: Selbstbestimmung heißt für uns, dass wir selbst entscheiden, wie unsere Work Life Balance aussieht. Dafür brauchen wir starke JAVen und starke Betriebsräte. Wir sorgen also für mehr Raum zur Selbstbestimmung durch starke Mitbestimmung. Dafür müssen die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Zum Beispiel mit selbst bestimmbaren Lebenslangzeit-Arbeitskonten und Reduzierung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit – auf deutlich unter 35 Stunden!
Welche Vorstellungen habt ihr beim Thema Studium?
Viele Studierende können sich ihr Studium ohne einen Nebenjob nicht leisten. Das ist schon außerhalb der Pandemie ungerecht, aber wenn dieser Nebenjob auch noch wegfällt, muss man Studierenden wirksam helfen. Es kann nicht sein, dass all jene, deren Eltern sie nicht unterstützen können, ihr Studium abbrechen müssen, weil z. B. die Kneipe, in der sie kellnern, zumacht. Studierende mit wohlhabenderen Eltern haben dieses Problem oftmals nicht. Das ist eine soziale Frage, hier muss der Staat ausgleichend eingreifen und Studierende unterstützen.
Das hängt auch mit der Wohnungsfrage zusammen, oder?
Ja! Wir setzen uns für bezahlbaren Wohnraum ein, z. B. für sozialen Wohnungsbau. Was die Studierenden betrifft, ist eine BAföG-Novelle dringend nötig, da nur noch elf Prozent von ihnen BAföG erhalten. Die Elternfreibeträge müssen deutlich angehoben werden, sodass der Kreis der Anspruchsberechtigten wächst, der monatliche Regelbedarf muss sofort um mindestens 150 Euro erhöht werden.
Ihr wünscht euch eine Gesellschaft, die "bunt, stark und antifaschistisch" ist. Was macht euch dabei die größten Sorgen?
Wir stehen für Vielfalt ein. Rassismus, Antisemitismus oder Ausgrenzungen einzelner aufgrund von Äußerlichkeiten oder Herkunft stellen wir uns in den Weg. Große Sorgen macht mir die gesamtgesellschaftliche Haltung: Seit 1990 sind über 200 Menschen durch rechte Gewalt ums Leben gekommen. Allein in den letzten beiden Jahren verübten extrem Rechte mehrere Attentate. Ich fürchte, in der sogenannten Mitte der Gesellschaft ist noch nicht angekommen, dass Nazis töten.
(aus der Soli aktuell 6/2021, Autorin: Soli aktuell)