Der 12. DGB-Ausbildungsreport beleuchtet die Schwachstellen im dualen Ausbildungssystem. Dieses Jahr hat sich die DGB-Jugend die Berufsschulen angesehen.
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Der Ausbildungsreport - über 12.000 Expert_innen geben ihr Urteil ab
Mehr als ein Drittel der Auszubildenden müssen regelmäßig Überstunden machen, die Betreuung durch das Ausbildungspersonal ist nicht immer sichergestellt und bei jedem zehnten Auszubildenden fallen ausbildungsfremde Tätigkeiten an – das sind die Negativrekorde des diesjährigen DGB-Ausbildungsreports. Auch dieses Mal hat die Gewerkschaftsjugend im Rahmen ihrer Berufsschultour bundesweit insgesamt 12.191 Auszubildende aus den 25 meistfrequentierten Ausbildungsberufen zu ihrer Ausbildung befragt.
Die erschreckenden Rahmendaten: Über 43.000 Ausbildungsstellen sind 2016 unbesetzt geblieben, der höchste Stand seit 1996. Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet aus, gleichzeitig gingen über 280.000 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete Bewerber_innen für einen Ausbildungsplatz leer aus – und über 300.000 stecken im Übergangssystem zwischen Schule und Ausbildung fest. Unbesetzte Ausbildungsstellen finden sich in jenen Branchen, die im Ausbildungsreport der DGB-Jugend in der Qualität schlecht abschneiden. Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen sind keine Seltenheit.
Dieses Mal standen besonders die Berufsschulen unter Beobachtung der DGB-Jugend. Denn sie sind ein zentraler Bestandteil des dualen Ausbildungssystems in Deutschland. Schon vor fünf Jahren waren sie bereits Thema des Reports. Damals wurde die Ausstattung bemängelt wie auch der oft marode Zustand der Gebäude.
Nun wollten die jungen Gewerkschafter_innen wissen, was sich seit 2012 auf dem Sektor getan hat. Die Ergebnisse, vorgestellt am 31. August 2017 im Haus des DGB-Bundesvorstandes in Berlin, sind, gelinde gesagt, nicht berauschend: Nur die Hälfte der befragten Auszubildenden fühlt sich durch den Besuch der Berufsschule gut auf die theoretische Prüfung vorbereitet. Zwar bewerten 58 Prozent die fachliche Qualität der Berufsschule als "sehr gut" oder "gut", aber die Abstimmung zwischen Betrieb und Berufsschule lässt häufig zu wünschen übrig.
Die DGB-Jugend musste auch feststellen, dass die Ausstattung der Berufsschulen weiterhin oft mangelhaft ist: Es gebe hier einen regelrechten Investitionsstau, sowohl bei Gebäuden und Lehrmitteln als auch bei der personellen Ausstattung. Auch darunter leide letztlich die Ausbildung. Im Klartext: Seit 2012, als die Schulen das letzte Mal intensiv untersucht wurden, hat sich in Sachen Qualität kaum etwas getan.
"Die Kultusminister müssen endlich ihre Politik ändern und mehr Geld investieren. Dringend notwendig sind mehr qualifiziertes Lehrpersonal und zeitgemäß ausgestattete Berufsschulen", sagt DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte. Die bessere Verzahnung der beiden Lernorte müsse deshalb gesetzlich festgeschrieben werden. Digitalisierung, Arbeit 4.0 und die gestiegenen Anforderungen an die Auszubildenden machten jetzt konkrete Maßnahmen nötig. Conte: "Wir brauchen einen modernen Rahmen und Rechtssicherheit für Auszubildende, sichere Perspektiven nach der und einheitliche Qualitätsstandards für die Ausbildung."
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Die DGB-Jugend fordert
Gute Qualität sichert das System der dualen Ausbildung für die Zukunft. Eine moderne berufliche Bildung muss die Interessen und Erwartungen der jungen Beschäftigten und Auszubildenden ernst nehmen und stärker als bisher berücksichtigen. Die Gewerkschaftsjugend hat klare Vorstellungen von guter Ausbildung. Damit das Ausbildungssystem weiter ein modernes Erfolgsmodell bleibt, braucht es jetzt klare Weichenstellungen durch den Gesetzgeber.
Die DGB-Jugend fordert:
Ausbildungsreport 2017: Gutes und Schlechtes im Überblick
Die Atmosphäre macht's: 84 Prozent der Auszubildenden, die sich "sehr gut" auf die Abschlussprüfung vorbereitet fühlen, bewerten die Lernatmosphäre in der Berufsschule "immer" oder "häufig" als gut.
(aus der Soli aktuell 10/2017, Autorin: Soli aktuell)