Über 60 Millionen Menschen sind 2015 auf der Flucht. Davon fliehen die meisten innerhalb ihres Landes (Binnenflüchtlinge). Nächstes Ziel sind dann die unmittelbaren Nachbarländer. Die meisten syrischen Flüchtenden leben momentan in der Türkei, dem Libanon oder in Jordanien. 86 Prozent der Flüchtenden leben derzeit in sogenannten "Entwicklungsländern", die wenigsten kommen nach Europa!
Deutschland ist ein reiches Land. Es gehört zu den größten Volkswirtschaften der Welt. Es ist eine Frage des politischen Willens, ob und wie Geflüchtete untergebracht und integriert werden. Während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 war es möglich die Arbeitsorganisation innerhalb von kürzester Zeit auf Kurzarbeit umzustellen, es ist dann auch möglich die Arbeit für Geflüchtete zu öffnen. Kommunen benötigen mehr Geld vom Bund um die Finanzierung von Unterbringung und Versorgung zu gewährleisten. Es ist möglich, eine Million Besucher_innen des Oktoberfestes für einen Monat in einer Stadt zu beherbergen. Und da soll es nicht möglich sein, eine Million Geflüchtete in ganz Deutschland unterzubringen?
Durch den Begriff "Wirtschaftsflüchtlinge" werden zwei Gruppen von Geflüchteten gegeneinander ausgespielt: Diejenigen, die vor Terror und Krieg fliehen, und diejenigen, die vor Hunger und Elend fliehen. Letzteren wird vorgeworfen, sie würden sich "hier nur ein schönes Leben machen" wollen. Ihnen werden wirkliche Fluchtgründe abgesprochen. Krieg muss aber nicht nur akut sein: Willst du in einem Land leben, dass von einem vorherigen Krieg verwüstet ist, wo es keine Infrastruktur und keine Perspektiven gibt? Die Menschen fliehen und setzen bei einer Fahrt übers Mittelmeer ihr Leben aufs Spiel, sie lassen alles hinter sich, nur damit man ihnen dann vorwirft, "sie wollen es nur besser haben". Ist es nicht legitim, vor menschenunwürdigen und bedrohlichen Lebensbedingungen zu fliehen? Jeder Mensch hat das Recht dazu!
© Denis Bocquet CC BY 2.0
Politische Verfolgung, Krieg und Bomben, aber auch strukturelle Perspektivlosigkeit und Hunger kann nicht individuell gelöst werden, sondern nur gesellschaftlich. Dafür brauchen Individuen Unterstützung und Hilfe. Das ist aber oft ein langwieriger Prozess, und wenn man jederzeit damit rechnen muss, dass das eigene Haus zerstört wird, ist es schwer, Geduld und Kraft aufzubringen. Es ist nachvollziehbar, wenn es dann vor allem darum geht, sich selber und die, die man liebt, in Sicherheit zu bringen.
143 Euro Taschengeld bekommen Asylsuchende zurzeit. In Zukunft soll das noch weniger werden, vermehrt sollen Sachleistungen vergeben werden. Ihnen stehen sechs Quadratmeter Wohnraum zu, für Arztbesuche und Jobsuche müssen sie sich immer die Erlaubnis vom Amt holen. Würdest du deine Selbstbestimmung für 143 Euro aufgeben? Würdest du dein Leben für 143 Euro, einen Platz in einer Turnhalle und ohne die Erlaubnis arbeiten zu gehen aufgeben? Flüchtende suchen Schutz und nicht mickrige Sozialleistungen!
Asylsuchende dürfen die ersten drei Monate gar nicht arbeiten und danach nur, wenn es keine anderen Deutschen oder EU-Bürger_innen gibt die für die Stelle qualifiziert sind. Erst nach 15 Monaten dürfen sie regulär arbeiten – und im Übrigen auch erst regulär Steuern zahlen, die im Endeffekt allen weiterhelfen.
Stell dir vor, du verlässt dein Haus, deine Adresse, deine Fotos, deine Erinnerungsstücke. Mit einem Smartphone kannst du davon einen Teil mitnehmen. Du bist für deine Freund_innen und Familien beinahe kostenlos erreichbar. Während deiner Flucht kannst du nur begrenzt Gepäck transportieren. Würdest du da nicht auch dein Smartphone mitnehmen? In vielen Ländern hat das mobile Internet außerdem eine andere Bedeutung: Festnetzanschluss und Computer wurden quasi übersprungen, durch die massenhafte Verbreitung von Smartphones hat die globale Vernetzung erst Einzug in das Leben der Menschen dort gefunden.
Bestimmt gibt es welche, die keinen Sinn darin sehen, sich eine Basis in Deutschland aufzubauen. Ihr Ziel ist es, so schnell es geht, wieder zurück zu ihrer Familie oder zu ihren Freund_innen zu finden, sobald es die Sicherheitslage zulässt. Den anderen wird es aber auch nicht unbedingt leicht gemacht: Sie dürfen nur eingeschränkt arbeiten, es gibt nicht genug Deutschkurse und vor allem leben sie nur unter Leidensgenoss_innen. Da fällt es erstmal leichter, Anschluss zu finden, als in einer Gesellschaft, die Krieg und Elend vor allem aus dem Fernseher und dem Geschichtsbuch kennt. Es gibt aber auch eine Reihe von Freizeitangeboten und Initiativen, die darauf abzielen, "uns" und "die" zusammenzubringen. Schau doch mal vorbei!