chronische Krankheit und Ausbildung
Ich hätte eine Frage an Sie, weil ich Beratung brauche. Ich bin im 2.Lehrjar Azubi und habe noch bis August 2024, bin auch JAV bis April 2024. Es wurde bei mir aber eine
chronische Krankheit entdeckt, die mich dazu hindert zu arbeiten (habe bereits ärtzliche Attest, dass ich nicht mehr Vollzeit arbeiten kann). Ich bin seit 2 Monaten krankgeschrieben und versuche mit den Artzen eine stufige Wiedereingliederung zu planen. Niemand von meinem Betrieb kennt
noch die Details meines Zustands und ich würde es noch nicht weitergeben,
denn ich weiss zur Zeit nicht, was ich am Besten tun sollte, ob eine Auszeit planen (6 Monate, 1 Jahr?)
und die Ausbildung später in Teilzeit weiterführen oder jetzt schon versuchen, wieder stufigerweise und dann in Teilzeit arbeiten (Schule ist erst ab Mitte Oktober wieder, Abschlussprüfung wäre Juli 2024).
Ich habe gerade Angst, dass eine zu frühe Wiedereingliederung meine Gesundheit wieder gefährdet (habe nun körperlische und psychiche Leistungs- und Stressintoleranz) andererseits möchte ich die Ausbildung nicht versaümen, wenn ich zu spät wieder im Haus zurückkomme.
Daher meine Frage und evtl könnten wir telefonieren, in wiefern schützt mich meine JAV-Stelle und wie lange darf ich krank sein, um wiederzurückkehren zu können. Mir fehlen grad juristische Informationen, um eine Entscheidung zu treffen und den Kollegen Bescheid sagen, was ich nun brauche.
Mir würde da deine Beratung evtl helfen.
Caroline
RE: chronische Krankheit und Ausbildung
Hallo Caroline!
Vielen Dank für deine Anfrage! Vorab für dich als kurze Info: Ich habe aus deiner Anfrage ein paar Angaben gelöscht, um deine Anonymität zu wahren.
Nun zur eigentlichen Sache: Das sind wirklich schwierige Entscheidungen und Einschätzungen, die du treffen musst. Es tut mir leid zu hören, dass du unter einer chronischen Erkrankung leidest. Ich hoffe, du findest bald einen Weg, damit so gut wie möglich umgehen zu können. Was ich dir auf jeden Fall raten möchte, ist, dass deine Gesundheit immer vor geht!
Eine "Ausbildungspause" oder Unterbrechung gibt es im wörtlichen Sinne zwar nicht, aber du kannst dich selbstverständlich weiter krankschreiben lassen und so erst einmal aussetzen, denn wenn du krankgeschrieben bist, bist du krankgeschrieben.
Worauf du dich gefasst machen solltest, wenn du sehr lange krankgeschrieben bist, ist, dass dein Arbeitgeber den medizinischen Dienst der Krankenkasse einschalten kann. Der überprüft dann die Diagnose deines Arztes. Das ist aber keine Schikane oder Druckausübung, sondern ganz normale Routine. Zudem unterliegt der Arzt der Krankenkasse natürlich auch der ärztlichen Schweigepflicht und darf deinem Arbeitgeber nur mitteilen, ob du arbeitsfähig bist oder nicht. Ich kann dir hier leider schlecht zu etwas raten, da du auf dich achten musst und dich immer mit deinem Arzt absprechen solltest.
Du hast ein paar Themen angesprochen, zu denen ich dir ein paar Infos mitgeben möchte. Zunächst die Wiedereingliederung, falls du und dein Arzt zum Entschluss kommen, dass du wieder arbeitsfähig sein wirst.
Wenn du über einen längeren Zeitraum während deiner Ausbildungszeit arbeitsunfähig warst und du dich körperlich noch nicht fit genug fühlst wieder in Vollzeit durchzuführen, kann eine stufenweise Wiedereingliederung für dich das richtige sein.
Gesetzlich heißt es, dass für Arbeitnehmer die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind ein betriebliches Eingliederungsmanagement sinnvoll sein kann und der Arbeitgeber hier die Initiative für das Betriebliche Eingliederungsmanagement zu ergreifen hat.
Ich rate dir im ersten Schritt mit deinem behandelnden Arzt Kontakt aufzunehmen und ihm deinen gesundheitlichen Zustand und deine Situation am Arbeitsplatz zu schildern und nach seiner Einschätzung zu fragen. Die Wiedereingliederung kann auf Anregen deines behandelnden Arztes in die Wege geleitet werden. Sollte es einen Betriebsarzt geben kannst du dich auch an diesen Arzt wenden. Während der Zeit der stufenweisen Wiedereingliederung bist du offiziell noch krankgeschrieben und erhältst in den meisten Fällen weiterhin Krankengeld von deiner Krankenkasse oder Leistungen von deiner Rentenversicherung. Die Dauer der Wiedereingliederung liegt in der Regel zwischen 6 Wochen und 6 Monaten und hängt von deinem individuellen Gesundheitszustand ab.
Ich rate dir dich auch an dein zuständiges Integrationsamt zu wenden und dir hier Unterstützung zu holen.
Zum Thema Teilzeitausbildung:
Das Berufsbildungsgesetz (§ 7a BBiG) sieht die Möglichkeit vor, eine Berufsausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Dafür braucht es seit Anfang 2020 keinen gesonderten Grund mehr.
Bei der Teilzeitberufsausbildung kannst du deine wöchentliche betriebliche Ausbildungszeit auf bis zu 50 % reduzieren. Die Gesamtdauer deiner Teilzeitausbildung verlängert sich entsprechend, maximal um das Eineinhalbfache der „regulären“ Ausbildungsdauer.
Wenn du gute Leistungen erbringst oder aufgrund deiner Vorbildung, kannst du mit Einverständnis deines Betriebes, die Ausbildung verkürzen (§ 8 Abs.1 BBiG). So kannst du in Absprache mit deinem Betrieb versuchen, die automatische Verlängerung wegen Teilzeitausbildung einzuschränken.
Ein bis zwei Berufsschultage in Vollzeit würden zu der betrieblichen Ausbildungszeit noch hinzukommen. Das entspricht dann in etwa einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 6 Stunden. Zu welchen Zeiten du in den Betrieb kommst, musst du mit deinem Betrieb absprechen.
Den Antrag auf die Teilzeitberufsausbildung müsstest du gemeinsam mit deinem Betrieb bei der zuständigen Stelle (siehe Stempel auf deinem Ausbildungsvertrag) stellen. Du hast also keinen Rechtsanspruch auf eine Teilzeitausbildung, sondern musst einen Betrieb finden, der dich in Teilzeit ausbilden möchte.
Als Teilzeit-Azubi erhältst du ganz normal eine Ausbildungsvergütung, welche jedoch entsprechend der wöchentlichen Arbeitszeit gekürzt wird (§ 17 Abs. 5 BBIG). Beim Arbeitsamt kannst du dich über ergänzende Leistungen informieren. Du hast eventuell Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe.
Ich verstehe, dass du gerne dazu telefonieren möchtest und denke auch, dass es sinnvoll wäre, mit jemandem persönlich über deine ganz konkrete Situation zu sprechen und dir ausführlich Hilfe zu holen. Die bekommst du bei deiner Gewerkschaft vor Ort. Hier ist ein Kontakt für dich:
Ver.di Leipzig
Karl-Liebknecht-Str. 30-32
04107 Leipzig
Tel.: 0341/21609-0
E-Mail: service.sat@verdi.de
Da kannst du anrufen, nach einem_einer Jugendsekretär_in fragen und sagen, dass du von Dr. Azubi kommst. Als Gewerkschaftsmitglied hast du Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung und kostenlosen Rechtsbeistand - daher solltest du dir überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, deiner Gewerkschaft beizutreten - wenn du nicht schon Mitglied bist. Du kannst jederzeit Mitglied deiner Gewerkschaft werden. Die Mitgliedschaft kostet in der Regel 1% vom Bruttolohn pro Monat.
Wenn du mehr über unsere Arbeit erfahren willst, dann folge diesem Link: https://jugend.dgb.de/dgb_jugend/ueber-uns/mitglied-werden
Dies war ein Service deiner Gewerkschaft!
Liebe Grüße
Dr. Azubi
P. S. Bitte empfiehl unseren Service weiter!