Überstunden werden "gelöscht"
Hallo
Ich habe da eine Frage,
Und zwar habe ich Donnerstags nach 6 Std Schule noch 2 Std die ich arbeiten muss. Manchmal ist das der Fall, dass ich länger arbeiten muss da ich mit meiner Abteilung nicht fertig bin. Diese Zeit die ich länger mache wird mir allerdings "gelöscht". Heute hatte ich ein Gespräch mit meinem Ausbilder der verärgert war, dass ich meine Abteilung nicht aufgeräumt habe woraufhin ich ihm erzählt habe das ich schon 12 Minuten länger gemacht habe die mir nicht zu Gute kommen. Woraufhin er sich aufgeregt hat und meinte das ich noch hätte aufräumen müssen.
Meine Frage nochmal in kurz formuliert:
Wenn ich nach der schule arbeiten muss werden mir die + minuten/stunden gelöscht ist das rechtens?
Gruß Dominic.
RE: Überstunden werden "gelöscht"
Hallo!
Vielen Dank für deine Nachricht im Forum! Wir freuen uns, dass du dich an uns wendest mit deinem Anliegen und ich hoffe ich kann dir weiterhelfen.
Zu den Tagen, an denen du nach der Berufsschule arbeiten musst, solltest du folgendes wissen.
Seit dem 01.01.2020 wird die Berufsschulzeit unabhängig vom Alter angerechnet. Damit ist auch die Anrechnung für volljährige Auszubildende gesichert. Sie dürfen nach einem langen Berufsschultag nicht mehr zurück in die Arbeit.
Ein Berufsschultag, der mehr als fünf Unterrichtsstunden von min. 45 Minuten umfasst, muss mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit angerechnet werden (§ 15 Berufsbildungsgesetz, § 9 Jugendarbeitsschutzgesetz). Allerdings nur einmal die Woche. Wenn es zwei Berufsschultage gibt, wird beim zweiten Tag nur noch die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen angerechnet. Unter Umständen kann es sein, dass du an diesem Tag noch in die Arbeit musst. In diesem Fall wird der Weg von der Berufsschule in den Betrieb ebenfalls auf die Arbeitszeit angerechnet. Ist die Zeit, die der*die Azubi nach der Berufsschule noch im Ausbildungsbetrieb verbringen kann zu kurz, um dem Ausbildungszweck zu dienen – nämlich weniger als 30 Minuten - kann der*die Ausbilder*in die Rückkehr des*der Azubi*s nicht verlangen.
Etwas anderes gilt bei Blockunterricht: Beträgt der Unterricht in der Blockwoche mindestens 25 Stunden und sind diese auf fünf Tage verteilt, wird die Blockwoche mit der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit angerechnet. Während der Blockwoche sind allerdings betriebliche Ausbildungsveranstaltungen bis zu zwei Stunden in der Woche zulässig.
Grundsätzlich gilt immer: An einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschultag dürfen Auszubildende nicht beschäftigt werden.
Falls dein Betrieb sich nicht an das Arbeitszeitgesetz hält, kannst du ihn bei der Gewerbeaufsicht anzeigen.
Was deine Überstunden angeht, gibt es auch einiges zu wissen. Schon mal vorweg, natürlich ist es nicht legal, dass dein Ausbilder deine geleisteten Überstunden einfach „löscht“. Das darf man weder bei Azubis, noch bei normalen Angestellten! Einfach geleistete Arbeitszeit „löschen“ ist nie zulässig.
Das mag sich jetzt für viele Azubis seltsam anhören aber: Überstunden musst du als Azubi – im Gegensatz zu normalen Mitarbeiter*innen - nur freiwillig machen. Warum? Du machst keine Ausbildung, um zu arbeiten, sondern um zu lernen, und die normale vereinbarte Arbeitszeit reicht aus, um die Lerninhalte zu vermitteln. Daraus ergibt sich auch folgender Grundsatz: Auch die Überstunden müssen immer dem Zweck der Ausbildung dienen, das heißt dein*e Ausbilder*in oder eine ausbildungsbeauftragte Person müssen anwesend sein, wenn du Überstunden leistest!
Wenn du Überstunden freiwillig machst, gilt: Minderjährige dürfen nicht mehr als 40 Stunden die Woche arbeiten (§ 8 Jugendarbeitsschutzgesetz). Volljährige dürfen durchschnittlich nicht mehr als 48 Stunden und zeitweise maximal 60 Stunden arbeiten – aber nur wenn innerhalb von sechs Monaten im Schnitt nicht mehr als acht Stunden gearbeitet wird (§ 3 Arbeitszeitgesetz)!
Achtung: Wenn du nach der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeit noch im Betrieb bist, und es kommt zu einem Arbeitsunfall, kannst du Probleme bekommen, weil die Unfallversicherung der Berufsgenossenschaft unter Umständen nicht zahlt. Falls dein Betrieb sich nicht an das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Arbeitszeitgesetz hält, kannst du ihn bei der Gewerbeaufsicht anzeigen.
Überstunden müssen dir selbstverständlich vergütet oder in Freizeit ausgeglichen werden (§ 17 Berufsbildungsgesetz).
Du willst keine Überstunden mehr machen?
Dann solltest du
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Nach der Probezeit zunächst um ein Gespräch mit deinem*deiner Ausbilder*in bitten. Nimm, falls möglich, ein Betriebsrat-Mitglied mit. Sage im Gespräch, dass du nicht bereit bist, weiter so viele Überstunden zu leisten, und berufe dich auf die festgelegte Ausbildungszeit.
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Eine schriftliche Aufforderung schreiben. Hebe die Kopie des Schreibens auf. Hier ist ein Musterbrief:
Sehr geehrte/r Frau/Herr …,
Laut Ausbildungsvertrag beträgt meine tägliche Arbeitszeit …. Stunden. Die vertraglich festgelegte Ausbildungszeit reicht aus, um die Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Trotzdem muss ich regelmäßig Überstunden leisten.
Einige Beispiele:
Datum …..... Arbeitszeit von …... bis ….... Überstunden: …...
Datum …..... Arbeitszeit von …... bis ….... Überstunden: …...
Datum …..... Arbeitszeit von …... bis ….... Überstunden: …...
Die Überstunden dienen oft nicht dem Ausbildungszweck. Während der Überstunden ist häufig kein*e Ausbilder*in anwesend. Diese Arbeitszeiten verstoßen zudem gegen das JArbSchG/ArbZG.
Ich fordere Sie hiermit schriftlich auf, sich an die vertraglich festgelegte Arbeitszeit zu halten und Überstunden zukünftig nur noch in betrieblichen Notfällen anzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen,
[Unterschrift Azubi]
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Falls die Überstunden unbezahlt sind, solltest du sie möglichst bald schriftlich geltend machen. Wenn der Betrieb merkt, dass deine Arbeit nicht gratis ist, überlegt er es sich vielleicht anders.
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Falls das alles nicht hilft, kannst du den Rechtsweg einschlagen. Dazu wende dich an deine Gewerkschaft, der Rechtsschutz den du dort hast, reicht für die arbeitsrechtlichen Streitfälle aus. Hier ist ein Kontakt in deiner Nähe:
ver.di – Bezirk Dortmund
Königswall 36
44137 Dortmund
Tel.: 0231 53420-0
E-Mail: service-ost.nrw@verdi.de
Da kannst du einfach anrufen, nach einem*einer Jugendsekretär*in fragen und auch ruhig sagen, dass du von Dr. Azubi kommst...
Außerdem könntest du dich an eine*n Ausbildungsberater*in der Kammer/Innung wenden und mit ihm*ihr ein persönliches Gespräch vereinbaren, denn die sind dafür da, die Ausbildung in den Betrieben zu kontrollieren.
Viel Erfolg! Dies war ein Service deiner Gewerkschaft!
Liebe Grüße
Dr. Azubi
P. S. Bitte empfiehl unseren Service weiter!